/ Perfect Welding / Solar Energy / Perfect Charging
WOLFRAM-INERTGASSCHWEISSEN
WELDSCRIPT
M1,02,0004,DE
1Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 2
WISSENSWERTES ZUR GESCHICHTE
DES WOLFRAM-INERTGASSCHWEISSENS
Um das leicht entzündliche Magnesium und Magnesiumlegierungen schweißen zu können, nutzt der
1940
1943
Amerikaner Russel Meredith erstmals eine Wolframelektrode und das Schutzgas Helium. Dieses neue
Schweißverfahren nennt er „Heliarc“. Es ist eine Weiterentwicklung des Kohle-Lichtbogenschweißens.
Das aus den USA bekannte Verfahren hält Einzug in
Großbritannien.
1944
1945
1950
Beim Schweißen von Aluminium und dessen Legierungen werden zunehmend Wechselstromquellen eingesetzt.
In den USA entdeckt T. E. Piper, dass Hochfrequenzüberlagerungen des Schweißstroms das Zünden des
Lichtbogens erleichtern und den Lichtbogen stabilisieren. Und er ndet heraus, dass statt Helium auch
das Gas Argon genutzt werden kann.
Erstmals wird in Deutschland beim Wolfram-Inertgasschweißen unter Verwendung von Schutzgas geschweißt. Anders als in den USA jedoch nicht mit Helium, sondern mit Argon. Das Verfahren wird deshalb
„Argonarc“ genannt.
2Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 3
1950
ab
1962
Das Wolfram-Inertgasschweißen wird kontinuierlich
verbessert: Die Zusammensetzung der Elektroden
ändert sich, die Stromquellen werden weiterentwickelt
und auch die Palette der Brenner wird größer – unter
anderem durch Modelle mit Schaltfunktionen, Drahtzufuhr und Wasserkühlung.
In der russischen Fachliteratur ist erstmals von der
Impulstechnik die Rede, bei der der Schweißstrom mit
einstellbarer Frequenz zwischen einem Grundstrom
und einem Spitzenstromwert pendelt.
Neben Russland setzen sich auch Forscher aus England und den USA in den folgenden Jahren mit der
WIG-Impulstechnik auseinander.
Mit der Entwicklung der Impulstechnik für das
Wolfram-Inertgasschweißen wird das Schweißverfahren zunehmend mechanisch bzw. vollmechanisch eingesetzt.
3Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 4
Inhalt
WISSENSWERTES ZUR GESCHICHTE DES WOLFRAM-INERTGASSCHWEISSENS .................................................................2
3.2Merkmale und Anwendungsbereiche ................................................................................................................................................. 10
3.3Aufbau und Grundprinzip ......................................................................................................................................................................... 11
3.4Vor- und Nachteile des WIG-Schweißens ............................................................................................................................................. 13
5.7Spannungsarten und Stromarten ........................................................................................................................................................... 20
5.9Zündung des Lichtbogens ........................................................................................................................................................................ 22
6.3.1Arten von Wolframelektroden ................................................................................................................................................................. 31
6.3.2 Schleifen von Wolframelektroden .......................................................................................................................................................... 33
7.1Schweißzusatzstäbe für das WIG-Schweißen ..................................................................................................................................... 36
7.2. Normung der Schweißzusatzstäbe zum WIG-Schweißen .............................................................................................................. 37
7.2.1Schweißzusatztäbe für unlegierte Stähle und Feinkornstähle nach DIN EN ISO 636 .......................................................... 37
7.2.2Schweißzusatzstäbe für korrosionsbeständige und hitzebeständige Stähle nach DIN EN ISO 14343 ..........................37
7.2.3 Schweißzusatzstäbe zum Schweißen von Aluminium und Aluminiumlegierungen ..........................................................
nach DIN EN ISO 18273 ............................................................................................................................................................................... 37
7.3Schutzgase für das WIG-Schweißen ....................................................................................................................................................... 38
8.CC- UND CV-CHARAKTERISTIK ...............................................................................................................................41
8.1CC- und CV-Charakteristik ......................................................................................................................................................................... 41
9. FUNKTIONEN EINER WIG-SCHWEISSSTROMQUELLE ............................................................................................43
9.1Die Bedienelemente einer WIG-Schweißstromquelle ..................................................................................................................... 43
9.22- und 4-Takt-Betrieb ................................................................................................................................................................................... 43
9.2.1Anleitung für den 2-Takt-Betrieb ............................................................................................................................................................ 43
9.2.2Anleitung für den 4-Takt-Betrieb ............................................................................................................................................................. 44
10.2Schweißen ohne Schweißzusatz und ohne Kantenvorbereitung .............................................................................................. 51
10.3Schweißen mit Schweißzusatz ohne Kantenvorbereitung ............................................................................................................52
10.4Schweißen mit Zusatz und Kantenvorbereitung ............................................................................................................................. 52
11. WIG-SCHWEISSEN VON WERKSTOFFEN ................................................................................................................54
11.1 WIG-Schweißen von unlegiertem und niedriglegiertem Stahl .................................................................................................... 54
11.2WIG-Schweißen von hochlegierten Stählen ....................................................................................................................................... 55
5Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
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11.3WIG-Schweißen von Aluminium und Magnesium ........................................................................................................................... 57
12.1.1 Orbitalschweißeinrichtungen mit geschlossenem Schweißkopf ............................................................................................... 60
12.1.2 Orbitalschweißeinrichtungen mit o enem Schweißkopf.............................................................................................................. 61
12.6.1 Das Prinzip von ArcTig ................................................................................................................................................................................ 67
13. FEHLER BEIM WIG-SCHWEISSEN............................................................................................................................70
15.UNFALLVERHÜTUNG UND GESUNDHEITSSCHUTZ .................................................................................................74
15.1Gefahren durch Lichtbogenstrahlung .................................................................................................................................................. 74
15.2Gefahren durch elektrischen Strom ....................................................................................................................................................... 76
15.2.2 Schutzmaßnahmen für den Umgang mit elektrischem Strom .................................................................................................... 77
15.3Gefahren durch Schadsto e und Dämpfe ........................................................................................................................................... 77
Glossar .................................................................................................................................................................................. I
6Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 7
HERZLICH WILLKOMMEN!
Wir
freuen uns über Ihr Interesse an unserem Training zum Wolfram-Inertgas-
schweißen.
Mit dieser Trainingsunterlage möchten wir Sie bei Ihrem Training
unterstützen. Auf den folgenden Seiten nden Sie daher viel hilfreiche
Informationen rund um das Wolfram-Inertgasschweißen. So können Sie
Wissenswertes nachschlagen und zu aufkommenden Fragen die passenden
Antworten finden.
Wir wünschen Ihnen viel Freude und Erfolg bei Ihrem Trainingsprogramm!
7Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 8
1. DIE LERNZIELE
Wenn Sie unser Training „Wolfram-Inertgasschweißen“ vollständig absolviert haben, dann wissen Sie anschließend eine ganze Menge über diesen
Schweißprozess:
Sie wissen, welche Ausrüstung Sie zum Wolfram-Inertgasschweißen benötigen.
Sie wissen, wie das Verfahren des Wolfram-Inertgasschweißens funktioniert
und wie der Schweißprozess durchgeführt wird.
Sie können für jeden Gerätebestandteil und vom Zubehör den Zweck und
die Funktionsweise erklären.
Sie kennen die Grundlagen des Wolfram-Inertgasschweißens und die ver-
schiedenen Zündtechniken für den Lichtbogen.
Sie können im Zusammenhang mit der jeweiligen Anwendung die geeignete
Stromart, die Polarität, das Schutzgas und die Elektrode auswählen.
Sie kennen von verschiedenen Stromquellen die Schalter und Funktionen
und deren Auswirkung.
Sie kennen die Besonderheiten beim Wolfram-Inertgasverschweißen von
unterschiedlichen Werksto en.
Sie können den Anwendungsbereich mit und ohne Zusatzwerksto beschreiben.
Sie kennen die Prozessvarianten des Schweißverfahrens.
Sie wissen, wie Sie die geeignete Nahtvorbereitung durchführen.
Sie kennen mögliche Probleme, die beim Wolfram-Inertgasschweißen auf-
treten können.
Sie kennen Schweißnahtfehler und wissen, wie sich diese vermeiden las-
sen.
Sie erkennen mögliche Gefahren und kennen Methoden für die sichere
Handhabung und ein sicheres Arbeiten.
Neugierig geworden?
Sehr gut, dann kann das Training beginnen!
Los gehts!
8Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
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2. BASISWISSEN: FÜGEN VON
WERKSTOFFEN
Es gibt unterschiedliche Fertigungsverfahren, unter anderem gehören dazu das
Umformen, das Trennen, das Beschichten und das Fügen von Werksto en.
Nach der DIN 8580 „Fertigungsverfahren – Begri e, Einteilung“ stellt das Fügen von Werksto en eine Hauptgruppe dar, zu der alle Verfahren gehören
bei denen zwei oder mehr feste Körper mit geometrisch bestimmter Gestalt
dauerhaft verbunden (gefügt) werden.
Beim Fügen von Werksto en wird unterschieden zwischen
lösbaren und unlösbaren Verbindungen.
Beispiele für lösbare Verbindungen:
Schrauben, Stift- und Bolzenverbindungen, Keile.
Beispiele für unlösbare Verbindungen:
Schweißen, Löten, Kleben, Nieten.
Eine weitere Einteilung für das Fügen von Werksto en bezieht
sich auf die Art und Weise der Verbindung. Hier unterscheidet
man zwischen sto schlüssigen, formschlüssigen und kraftschlüssigen Verbindungen.
Sto schlüssige Verbindungen stellen eine Verbindung im Werksto selbst
her. Dazu zählen Schweiß- und Lötverbindungen.
lösbare und unlösbare
Verbindungen
sto schlüsige,
formschlüssige und
kraftschlüssige Verbindungen
Formschlüssige Verbindungen nutzen die Form der Bauteile um sie zu
verbinden. Dazu zählen Haken und Ösen.
Kraftschlüssige Verbindungen werden durch Reibungskräfte zusammengehalten.
9Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
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3. DER SCHWEISSPROZESS
„WOLFRAM-INERTGASSCHWEISSEN“
3.1 Bezeichnungen
Für den Schweißprozess „Wolfram-Inertgasschweißen“ gibt es verschiedene
Bezeichnungen:
GELTUNGSBEREICHBEZEICHNUNG
weltweite Norm DIN EN ISO 4063Schweißprozess mit der Nummer 141
Deutschland
GroßbritannienTungsten Inert Gas Welding (TIG-W)
USAGas Tungsten Arc Welding (GTA-W)
Tab. 1: Bezeichnungsvarianten für das Wolfram-Inertgasschweißen.
Das WIG-Schweißen eignet sich für alle schweißbaren Materialien und zahlreiche Anwendungen.
Wolfram-Inertgasschweißen
(WIG-Schweißen)
3.2 Merkmale und Anwendungsbereiche
Das sehr vielseitige WIG-Schweißen zählt zu den Schmelzschweißverfahren
und ist universell einsetzbar. Weil das WIG-Schweißen manuell oder mechanisiert eingesetzt werden kann, wird es häu g im Portalbau, im Rohrleitungsbau und in der Luft- und Raumfahrtindustrie genutzt. Auch bei Anwendungen
mit höchsten Qualitätsanforderungen, wie beispielsweise beim Schweißen von
Rohrleitungen im Reaktorbau, ist das WIG-Schweißen immer die erste Wahl.
Fast alle Metalle
lassen sich mit dem
Wolfram-Inertgasschweißen verbinden.
Das WIG-Schweißen eignet sich
für zahlreiche Anwendungen.
Beim WIG-Schweißen verwendet man einen konzentrierten, sehr stabilen Lichtbogen und Schutzgas. Beides ermöglicht eine sehr saubere Verarbeitung. Das
verwendete Schutzgas schirmt das aufgeschmolzene Metall vor dem Ein uss
von Sauersto ab. Das Ergebnis sind ein qualitativ hochwertiges Schweißgut
und eine ebenmäßige, spritzerfreie Schweißnaht ohne Schlacke. Weil beim
WIG-Schweißen außerdem kaum Schweißrauch entsteht, ist das Verfahren
weniger gesundheitsgefährdend.
Ein weiterer Vorteil ist, dass beim WIG-Schweißen oft auf das Verwenden eines Schweißzusatzes verzichtet werden kann.
Lichtbogen und Schutzgas
10Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
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Abb. 1: WIG-Schweißen
im Behälterbau.
Abb. 2: WIG-Schweißen im Rohrleitungsbau.
Abb. 3: WIG-Schweißen bei der
Montage.
Zu den Hauptwerksto en des WIG-Schweißens gehören rostfreie Stähle,
Aluminium- und Nickellegierungen sowie dünne Bleche aus Aluminium und
Edelstahl.
Mit einer mechanisierten Drahtzuführung ergeben sich für Blechdicken von
weniger als 4 mm wirtschaftliche Schweißgeschwindigkeiten. Werden die
Bleche dicker, lässt die Wirtschaftlichkeit nach. Bei Blechen über 4 mm
Dicke ist nur das Schweißen der Wurzellage mit dem WIG-Verfahren empfehlenswert. Das Schweißen der Fülllagen erfolgt in diesen Fällen besser mit
leistungsfähigeren Verfahren, wie dem MIG/MAG- oder dem Unterpulverschweißen.
Für viele Anwendungen des WIG-Schweißens ist ein gepulster Schweißstrom vorteilhaft. Er verhindert nicht nur, dass das Grundmaterial zu intensiv
aufschmilzt, sondern auch das daran gekoppelte Durchfallen der Schweißnaht. Mit dem Pulsen lässt sich außerdem bei Dünnblechen die Nahtwurzel
einfacher beherrschen, da das Grundmaterial nur abschnittsweise aufschmilzt
und wieder erstarrt.
3.3 Aufbau und Grundprinzip
Hauptwerksto e des
WIG-Schweißens
Pulsen
Der Aufbau: An einer Stromquelle mit zwei Polen werden an einem Pol das
Werkstück und am anderen Pol der Schweißbrenner mit der Wolframelektrode
angeschlossen. Die Verbindung der Wolframelektrode mit dem Pol erfolgt über
die Schweißstromzuleitung, die Verbindung zwischen Werkstück und Stromquelle über die Schweißstromrückleitung (Abbildung 4).
Zum WIG-Schweißen kann Gleich- oder Wechselstrom verwendet werden.
Beim WIG-Schweißen wird die Schweißwärme durch einen elektrischen Lichtbogen erzeugt. Ein Lichtbogen ist eine kurze Strecke aus Luft oder Gas, durch
die elektrischer Strom ießt.
Das Grundprinzip: Beim WIG-Schweißen wird der benötigte Strom über die
Wolframelektrode zugeführt. Diese Elektrode ist temperaturbeständig und
schmilzt nicht ab. Von dieser Elektrode geht ein Lichtbogen aus, der den Werksto erwärmt und ver üssigt. Rings um die Wolframelektrode be ndet sich die
Düse für das Schutzgas (Abbildung 5).
a Wolframelektrode
b Keramische Gasdüse
der Lichtbogen
Die Wolframelektrode schmilzt
nicht ab.
Abb. 5: Detailansicht des Schweißbrenners.
Die dort austretende Gasströmung schützt den erhitzten Werksto vor chemischen Reaktionen mit der Umgebungsluft. Dies gewährleistet die erforderliche
Festigkeit und Zähigkeit des Schweißgutes.
Als Schutzgas werden beim WIG-Schweißen die Edelgase Argon, Helium oder
Gemische daraus verwendet. All diese Gase sind reaktionsträge, worauf die
aus dem Griechischen stammende Fachbezeichnung „inert“ hinweist.
Weil die Wolframelektrode nicht abschmilzt, wird der Schweißzusatz beim
WIG-Schweißen per Hand oder mechanisiert durch einen externen Drahtvorschub zugeführt, entweder tropfenweise oder kontinuierlich. Wichtig ist, dass
der Schweißdraht die ganze Zeit in der Schweißgasglocke verbleibt. Ist der
zu verschweißende Spalt sehr schmal, ist in der Regel kein Schweißdraht als
Zusatzwerksto nötig.
Das manuelle WIG-Schweißen wird zweihändig ausgeführt: Mit der einen Hand
wird der Brenner gehalten, mit der anderen wird der Schweißzusatz zugeführt.
Deshalb erfordert das manuelle WIG-Schweißen viel Können und Erfahrung.
Schutzgas und seine
Wirkung
Mögliche Schutzgase für
das WIG-Schweißen sind
die Edelgase Argon, Helium
oder Gemische daraus.
12Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
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3.4 Vor- und Nachteile des WIG-Schweißens
+ Beim Verwenden der Gase
Argon und Helium entsteht
keine Schlacke.
+ Es entsteht keine Spritzerbil-
dung.
+ Das WIG-Schweißen erzeugt
optisch sehr schöne Schweißnähte.
- Das Verfahren erfordert eine
hohe Handfertigkeit.
- Beim WIG-Schweißen ist
nur eine geringe Schweißgeschwindigkeit möglich.
- Bei der Schweißnahtvorbe-
reitung muss Rost unbedingt
entfernt werden.
NachteileVorteile
Die Vor- und Nachteile
des Schweißverfahrens
auf einen Blick
+ WIG-Schweißen ist in allen
Schweißpositionen möglich.
+ Das WIG-Schweißen garantiert
- Das Verfahren ist für große
Werkstückdicken nicht geeignet.
die höchste Schweißnahtqualität und Güte.
3.5. Verständnisfragen
Was sind die Hauptanwendungsgebiete der manuellen WIG-Schweißung?
Bis zu welcher Materialstärke können mit mechanisierter Drahtzuführung
bei der WIG-Schweißung noch wirtschaftliche Schweißgeschwindigkeiten
erzielt werden?
Wie sollten bei dickwandigen Werksto en nach der WIG-Wurzellage die
Füll- und Decklagen geschweißt werden?
13Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
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4. SCHWEISSPOSITIONEN
4.1 Defi nition
Aus der Art und Weise, wie die Bauteile zusammengeschweißt werden, ergibt
sich eine grundlegende Unterscheidung in:
1. Stumpfnähte
2. Kehlnähte
Bei Stumpfnahtverbindungen liegen die Bauteile im 180°-Winkel zueinander
und werden daher eben verschweißt. Damit sich die Schweißnaht durch das
gesamte Werkstück zieht, wird es ab einer Materialstärke von ca. 5 mm zuvor
mit einem Winkelschleifer so bearbeitet, dass zwischen den zu verbindenden
Werkstücken eine V-förmige Ö nung entsteht.
Bei Kehlnahtverbindungen stehen die zusammenzuschweißenden Bauteile in einem (meist rechten) Winkel zueinander. Je nach Art der Verbindung
der Bauteile zueinander unterscheidet man verschiedene Arten des Kehlnahtschweißens, wie z. B. Flankennaht, Stirnnaht, Stegnaht, Halsnaht oder Ecknaht.
Stumpfnähte
Kehlnähte
Schweißpositionen beschreiben die Lage der Schweißnaht während des Schweißvorgangs.
Jede Schweißposition erfordert eine bestimmte Schweißtechnik, die wiederum
die Wahl des Schweißbrenners und/oder der Stromstärke beein ussen kann.
Durch die Lage der zu schweißenden Werkstücke und die Position des
Schweißbrenners zur Naht ergeben sich verschiedenste Schweißpositionen.
4.2 Klassifi zierung
Die Einteilung der Schweißpositionen erfolgt nach der internationalen Norm
DIN EN ISO 6947. Nach dieser Norm gibt es für die verschiedenen Schweißpositionen eine Klassi zierung, die weltweit gültig ist (Abbildung 6):
PA Wannenposition für Stumpf-
und Kehlnähte
PB Horizontalposition
PC Querposition
PD Horizontal-Überkopfposition
PE Überkopfposition
Wie lautet nach DIN EN ISO 6947 die Schweißposition für die Steigposition
an Blechen?
Wie lautet nach DIN EN ISO 6947 die Schweißposition für die Überkopfpo-
sition an Blechen?
15Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
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5. DIE ELEKTRIZITÄT UND DAS
WOLFRAM-INERTGASSCHWEISSEN
Für das Wolfram-Inertgasschweißen ist es wichtig, Stromkreise und Schweißstromkreise zu verstehen, und deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu
kennen.
5.1 Elektrischer Strom
Formelzeichen: I Einheit: Ampere (A)
Strom ist die gerichtete Bewegung von negativ geladenen Ladungsträgern
(Elektronen). Das Formelzeichen I beschreibt die Menge an Strom, die innerhalb einer gewissen Zeit durch den Leiter ießt.
Damit Strom ießen kann, benötigt er eine elektrische Spannung. Sie entsteht
zwischen zwei unterschiedlich geladenen Polen und ist die treibende Kraft, die
die Bewegung der elektrischen Ladung verursacht, ähnlich dem Wasserdruck.
Je höher die Spannung ist, desto mehr Strom kann ießen.
Der Widerstand ist der „Gegner“ der Spannung, denn an jedem Widerstand
geht Spannung verloren.
Atome haben in ihrem Kern Protonen und Neutronen und auf der aus mehreren
Schichten bestehenden Atomhülle Elektronen. Das Proton ist positiv geladen,
das Neutron hat keine Ladung und das Elektron ist negativ geladen. Die Anzahl der Protonen, Neutronen und Elektronen ist zwar bei jedem Material unterschiedlich, aber sie ist immer so, dass der Atomkern positiv geladen ist.
Die technische Stromrichtung (z.B. in Zeichnungen) verläuft
vom Pluspol zum Minuspol.
Die tatsächliche physikalische Stromrichtung verläuft vom
Minuspol zum Pluspol.
5.2 Elektrische Spannung
Formelzeichen: U Einheit: Volt (V)
Atome, Protonen
und Elektronen
technische und
physikalische
Stromrichtung
Elektrische Spannung entsteht zwischen zwei Punkten mit unterschiedlichem
Ladungspotenzial, beispielsweise zwischen einem Plus- und einem Minuspol.
16Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
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Verschieden große Ladungen versuchen sich durch das Fließen eines Stroms
auszugleichen. Diesen Unterschied nennt man die Spannung. Je größer die
Spannung ist, desto größere Entfernungen können überbrückt werden. Erst
durch die Spannung kann also Strom ießen.
Das Formelzeichen U gibt an, wie groß der Unterschied der elektrischen
Ladung ist.
5.3 Elektrischer Widerstand
Formelzeichen: R Einheit: Ohm ()
Der elektrische Widerstand gibt an, wie stark die Elektronen gebremst werden, während der Strom ießt. Deshalb ist der Widerstand der Kehrwert zur
Leitfähigkeit: Sto e mit hoher elektrischer Leitfähigkeit besitzen einen geringen
Widerstand, schlechte Leiter einen hohen.
Elektrische Spannung verursacht
den Strom uss.
Alle Sto e weisen verschieden hohen Widerstand gegen den Fluss von Elektronen auf. Man unterscheidet Leiter, Halbleiter und Nichtleiter. Bei elektrischen Leitern (Metalle etc.) sind die elektrischen Ladungsträger beweglich. Bei
Nichtleitern (z. B. Glas oder Gummi) sind sie an ihren Ort gebunden.
5.4 „Das Ohm’sche Gesetz“
Das Ohm’sche Gesetz wurde nach seinem Entdecker Georg Simon Ohm benannt. Er fand heraus, dass zwischen Strom, Spannung und Widerstand ein
linearer Zusammenhang besteht:
1. Die elektrische Stromstärke und die elektrische Spannung sind voneinander
abhängig.
2. Bei konstantem Widerstand erhöhen sich die Stromstärke und die Spannung
verhältnisgleich.
3. Bei konstantem Strom verhalten sich Spannung und Widerstand verhältnis-
gleich: Je größer der Widerstand, desto höher die Spannung.
4. Bei konstanter Spannung verhält sich die Stromstärke indirekt proportional
zum Widerstand: Wird der Widerstand größer, verringert sich der Strom.
Leiter, Halbleiter
und Nichtleiter
Die Formel des Ohm’schen Gesetztes lautet demzufolge: U = R x I
Das „Ohm’sche
Gesetz“
17Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 18
5.5 Stromkreise
Ein elektrischer Stromkreis besteht mindestens aus einer Stromquelle sowie
verschiedenen elektrischen Bauelementen, die zusammengeschaltet werden
können.
Die Basiskomponenten eines Stromkreises:
Spannungs- bzw. Stromquelle als Leistungserzeuger
(Netzgerät, Batterie, Dynamo etc.)
Leistungsverbraucher, über Leitungen miteinander
verbunden (Motor, Lampe etc.)
Schalter
Leitungen
Es gibt zwei unterschiedliche Stromkreisvarianten:
Basiskomponenten
eines Stromkreises
1. geschlossene Stromkreise
2. o ene Stromkreise
Im geschlossenen Stromkreis sind die einzelnen Elemente so miteinander verbunden, dass Ladung transportiert werden kann: Es ießt Strom (Abbildung 7).
Im o enen Stromkreis ist die Verbindung unterbrochen, es ießt daher kein
Strom (Abbildung 8). Die Unterbrechung kann entweder bewusst mit einem
Schalter ausgelöst werden oder unbeabsichtigt passieren, z. B. durch einen
Wackelkontakt, ein fehlendes Kabel oder Ähnliches.
Ein elektrischer Kurzschluss (Abbildung 9) ist eine fast widerstandslose
Verbindung der beiden Pole einer elektrischen Strom- oder Spannungsquelle.
Die Spannung fällt bei einem Kurzschluss nahezu auf Null.
o ener
Stromkreis
Bei einem Kurzschluss erreicht der Strom seinen Maximalwert (Anfangskurzschlussstrom). Dieser Strom wird nur durch den Widerstand der Leitung und
den Innenwiderstand der Strom- bzw. Spannungsquelle begrenzt.
Technisch gesehen und dargestellt ießt Strom immer vom Pluspol zum Minuspol einer Spannungsquelle. Wenn sich die Belegung der Pole nicht ändert und
damit auch die Fließrichtung des Stroms unverändert bleibt, spricht man von
einer Gleichspannung.
Gleichspannung ist eine elektrische Spannung, bei der sich Stärke (Wert) und Richtung (Polarität) nicht ändern (Abbildung 10).
5.7.2 Gleichstrom
Bezeichnungsvarianten:
DEUTSCHE BEZEICHNUNG
INTERNATIONALE BEZEICHNUNG
ABKÜRZUNG
SYMBOL
Tab. 2: Bezeichnungsvarianten für Gleichstrom.
Gleichstrom ist ein elektrischer Strom, bei dem sich Stärke (Wert)
und Richtung (Polarität) nicht ändern (Abbildung 10).
De nition von
Gleichspannung
Gleichstrom
Direct Current
DC
De nition von
Gleichstrom
Stromspannung
Strom
Abb. 10: Gleichstrom und Gleichspannung.
Mischstrom mit einem überwiegenden Gleichanteil wird ebenfalls als Gleichstrom bezeichnet, wenn die auftretenden Schwankungen für die beabsichtigte
Nutzung unwesentlich sind.
20Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
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5.7.3 Wechselspannung
Es gibt Spannungsquellen (z. B. Steckdosen), bei denen sich die Polarität in
einem wiederkehrenden Rhythmus ändert. Durch den Wechsel der Spannung
wechselt auch die Fließrichtung des Stroms. In diesem Fall spricht man von
einer Wechselspannung.
Wechselspannung ist eine elektrische Spannung, bei der sich
in regelmäßigen, wiederkehrenden Abständen die Stärke (Wert)
und die Richtung (Polarität) ändern (Abbildung 11).
5.7.4 Wechselstrom
Bezeichnungsvarianten:
DEUTSCHE BEZEICHNUNG
INTERNATIONALE BEZEICHNUNG
ABKÜRZUNG
SYMBOL
Tab. 3: Bezeichnungsvarianten für Wechselstrom.
Wechselstrom ist ein elektrischer Strom, bei dem sich in regelmäßigen, wiederkehrenden Abständen Stärke (Wert) und Richtung (Polarität) ändern. Durch die periodische Wiederholung von
positiven und negativen Werten ist die Stromstärke im zeitlichen
Mittel Null (Abbildung 11).
De nition von
Wechselspannung
Wechselstrom
Alternative Current
AC
De nition von
Wechselstrom
Es gibt verschiedene Arten von Wechselstrom. Die Kurvenform der Wechselspannung beschreibt die Wechselgröße. Reine Wechselgrößen sind die Rechteckspannung, die Sägezahnspannung, die Dreieckspannung und die Sinusspannung oder eine Mischung aus allen diesen Varianten.
Stromspannung
Strom
90 °180 °
Abb. 11: Wechselstrom und Wechselspannung.
270 °
360 °
21Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
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5.8 Der Schweißstromkreis
Ein Schweißstromkreis verhält sich wie ein elektrischer Stromkreis, deshalb gilt
auch für den Schweißstromkreis das Ohm’sche Gesetz.
Im Gegensatz zu einem elektrischen Stromkreis besteht ein Schweißstromkreis allerdings aus anderen Komponenten.
Die Komponenten eines Schweißstromkreises:
Stromquelle
WIG-Schweißbrenner
Wolframelektrode
Werkstück
Der Schweißstromkreis ist ausschlaggebend für die Entstehung des Lichtbogens, ohne den das Wolfram-Inertgasschweißen nicht möglich ist.
Im Schweißstromkreis ist das Formelzeichen für den Schweißstrom Is (A), die
Schweißspannung wird mit Us (V) angegeben.
5.9 Zündung des Lichtbogens
Im Schweißstromkreis wird aus Gründen der Unfallverhütung eine niedrige
Leerlaufspannung gewählt. Allerdings kann der Lichtbogen wegen dieser
niedrigen Spannung nicht selbständig zünden und benötigt deshalb eine Zündhilfe.
Komponenten eines
Schweißstromkreises
Zündhilfen sind Maßnahmen, die das Erstzünden beim Beginn
des Schweißens erleichtern.
Damit zwischen Elektrode und Werkstück ein Lichtbogen entstehen kann,
muss die dazwischenliegende Strecke elektrisch leitend gemacht werden. Dies
geschieht entweder durch einen bewusst herbeigeführten Kurzschluss (Berührungszündung) oder durch das Anlegen einer hohen Spannung (berührungslose Zündung)
5.9.1 Berührungszündung (SOFT-Start-Zündung)
Bei der SOFT-Start-Zündung wird das Werkstück mit der Wolframelektrode
berührt (Abbildung 12). Dieser Kontakt gibt der Schweißstromquelle das Startsignal für den Schweißprozess. Wenn anschließend die Elektrode langsam
angehoben wird, steigt der Schweißstrom auf den zuvor eingestellten Wert an.
Der Lichtbogen kann entweder durch eine Berührung oder berührungslos
gezündet werden.
22Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
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Damit wird der Lichtbogen gezündet und der Schweißprozess beginnt. Bei der
SOFT-Start-Zündung muss darauf geachtet werden, dass keine unerwünschten Wolframeinschlüsse im Schweißgut entstehen (Abbildung 12).
Abb. 12: Berührungszündung (SOFT-Start-Zündung).
5.9.2 Berührungslose Zündung
Beim WIG-Schweißen wird der Lichtbogen üblicherweise berührungslos gezündet. Dabei wird zum Zünden eine Hochspannungsquelle genutzt, die vorübergehend zugeschaltet wird (Hochfrequenz-Zündung). Diese Hochspannungsimpulse sind nur während der Zündphase aktiv.
Im Normalfall wird der Lichtbogen beim WIG-Schweißen berührungslos gezündet. Die Wolframelektrode und das Werkstück
berühren sich dabei nicht.
Bei der berührungslosen Zündung (Abbildung 13) werden schnell aufeinander
folgende Hochspannungsimpulse ausgelöst. Dadurch entsteht ein Funke, der
auf das Werkstück übergeht und den Lichtbogen zündet.
Ablauf der Hochfrequenz-Zündung:
1. Die Gasdüse so an der Zündstelle auf-
setzen, dass zwischen Wolframelektrode und Werkstück ein ca. 2 bis 3 mm
großer Abstand besteht.
2. Die Brennertaster betätigen.
Beim WIG-Schweißen
wird der Lichtbogen im
Normallfall berührungslos
gezündet.
Beim WIG-Schweißen
wird der Lichtbogen im
Normallfall berührungslos gezündet.
Ablauf der berührungslosen Zündung
3. Über die „HF-Einkoppelspule“ wird die
Ladespannung des Impulskondensators
auf etwa 12 KV transformiert.
Bei der Hochfrequenz-Zündung berühren sich die Wolframelektrode und das Werkstück nicht. Bei dieser Zündart entstehen daher keine Wolframeinschlüsse und die Spitze der Wolframelektrode wird nicht beschädigt.
Abb. 13: Berührungslose Zündung.
23Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
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5.10 Die Polarität beim Wolfram-Inertgasschweißen
An einer Schweißstromquelle ist der Pluspol ist immer der heißere Pol, der
Minuspol der kältere.
5.10.1 WIG-Schweißen mit Gleichstrom
Das WIG-Schweißen mit Gleichstrom wird auch WIG DC-Schweißen genannt.
Beim WIG-Schweißen mit Gleichstrom ist der kältere Minuspol mit der Wolframelektrode verbunden. Dadurch wird die Elektrode nicht überbelastet und es
entsteht ein stabiler Lichtbogen. Der heißere Pluspol ist mit dem Werkstück
verbunden. Weil die freien Elektronen von der Wolframelektrode zum Werkstück ießen, entsteht die Haupthitze am Werkstück und die Elektrode wird
thermisch nur gering belastet.
WIG-Schweißungen mit Gleichstrom sind sehr geräuscharm und der Lichtbogen brennt stabil und ruhig. Dies bewirkt eine schmale Schweißnaht mit gutem
Einbrand.
Der Pluspol ist immer der
heißere Pol.
WIG DC-Schweißen
Der Vergleich zwischen einer plus-gepolten und einer minus-gepolten Elektrode:
Schweißt man mit der Wolframelektrode auf dem Pluspol mit 50 A,
benötigt man eine Wolframelektrode mit einem Durchmesser
von 4,8 mm. Das Ergebnis sind jedoch eine überhitzte Wolframelektrode, sehr wenig Einbrand im Werkstück und ein instabiler
Lichtbogen.
Schweißt man mit der Wolframelektrode auf dem Minuspol mit
50 A, benötigt man eine Wolframelektrode mit einem Durchmesser von 1,6 mm. Das Resultat sind eine kühle Wolframelektrode,
ein tiefer Einbrand im Werkstück und ein sehr stabiler Lichtbogen.
Das WIG-Schweißen mit Gleichstrom wird für nahezu alle Metalle verwendet,
besonders geeignet sind legierte Stähle und für Nichteisenmetalle wie Messing
oder Kupfer.
Ausnahmen gelten beim Schweißen von Aluminium, Magnesium und anderen
Leichtmetallen. Sie werden mit Wechselstrom WIG-geschweißt.
Das WIG-Schweißen mit
Gleichstrom eignet sich für
fast alle Metalle.
Beim WIG-Schweißen von
Leichtmetallen wird Wechselstrom benutzt!
24Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 25
5.10.2 WIG-Schweißen mit Wechselstrom
Das WIG-Schweißen mit Wechselstrom wird bei Aluminium und Magnesium
angewendet. Denn es ist z. B. für Aluminium charakteristisch, dass sich durch
die große A nität des Metalls zu Sauersto auf allen Ober ächen, die der Luft
ausgesetzt sind, sofort eine Oxidschicht bildet.
Die Oxidschicht (Al
) hat einen Schmelzpunkt von ca. 2.050 °C, Alumini-
2O3
um selbst je nach Legierung von ca. 650 °C. Mit einer Oxidschicht auf dem
Werksto ist Schweißverbindung nicht möglich, weil das Metall tropfenförmig
weg ießen würde. Der Wechselstrom zerstört bzw. verdrängt die Oxidschicht,
sodass geschweißt werden kann.
Das WIG-Schweißen mit Wechselstrom wird auch WIG ACSchweißen genannt.
Die „Reinigungshalbwelle“ (Elektrode am Pluspol) wechselt mit einer „Kühlungshalbwelle“ (Elektrode am Minuspol) ab. Durch diese Wechsel wird die
Oxidhaut zerstört und die Elektrode gleichzeitig mit ausreichend hohem Strom
belastet.
Es gibt Ausnahmefälle, bei denen Leichtmetalle mit Gleichstrom WIG-geschweißt werden. Dann wird die Wolframelektrode am Minuspol angeschlossen
und Helium als Schutzgas verwendet.
WIG AC-Schweißen
Reinigungshalbwelle und
Kühlungshalbwelle
Ion
Ion
Polarität
Elektron
Elektron
Material
Schmelzpunkt
bei ca. 660 °C
Material
Schmelzpunkt
bei ca. 660 °C
Polarität
Oxid-Schicht
Schmelzpunkt
bei ca. 2015 °C
Oxid-Schicht
Schmelzpunkt
bei ca. 2015 °C
Abb. 14: Bei der „Reinigungshalbwelle“
ist die Elektrode am Plus-Pol angeschlosssen.
Ion
Ion
Elektron
Elektron
Material
Schmelzpunkt
bei ca. 660 °C
Material
Schmelzpunkt
bei ca. 660 °C
Polarität
Polarität
Oxid-Schicht
Schmelzpunkt
bei ca. 2015 °C
Oxid-Schicht
Schmelzpunkt
bei ca. 2015 °C
Abb. 15: Bei der „Kühlungshalbwelle“ ist die
Elektrode am Minus-Pol angeschlossen.
25Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 26
5.11 Verständnisfragen
Wie wird die Einheit für elektrische Spannung genannt?
Wie wird die Einheit für den elektrischen Strom genannt?
Welche Strom- und Spannungsarten gibt es?
Welche Stromarten kommen beim WIG-Schweißen zum Einsatz?
Warum sollte die Wolframelektrode nicht an den Pluspol angeschlossen
werden?
Was bewirken die Hochspannungsimpulse bei der WIG-Schweißung?
26Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 27
6. SCHWEISSGERÄTETECHNIK
6.1 Stromquelle
Das Wolfram-Inertgasschweißen erfordert eine hohe Stromstärke und eine
niedrige elektrische Spannung. Dafür ist eine Schweißstromquelle erforderlich. Schweißstromquellen wandeln den aus dem Netz verfügbaren Strom mit
hoher Spannung und niedriger Stromstärke in einen Strom um, der für das
Schweißen geeignet ist. Darüber hinaus sorgen Schweißstromquellen dafür,
die im aus dem Netz kommende Wechselspannung gleichzurichten (außer
beim Streukerntransformatoren) und den Schweißstrom zu regeln. Moderne
Schweißstromquellen sind digital geregelt und ermöglichen eine stufenlose
Stromeinstellung. Dies ist wichtig, um verschiedene Blechdicken schweißen
zu können.
Aufgaben der
Schweißstromquelle
Abb. 16: Schweißbereite
WIG-Ausrüstung.
Abb. 17: Das übersichtliche Display.
Folgende Schweißstromquellentypen können für das WIG-Schweißen genutzt
werden:
6.1.1 Inverter-Stromquellen (TransTig und Magic
Wave)
Moderne Inverter-Stromquellen ermöglichen
schnelle Reaktionen auf Veränderungen im
Schweißprozess.
Inverter-Stromquellen (Abbildung 18) entsprechen dem aktuellen Stand der Technik. Die
Geräte bilden aus der Netzspannung eine
gepulste Spannung mit hoher Frequenz.
Abb. 18: Invertergesteuerte
Stromquelle.
Bei Inverter-Stromquellen wird die Netzspannung sofort nach dem Hauptschalter gleichgerichtet (daher der Name Inverter) und anschließend von einer
Transistorstufe zerlegt. Diese Transistorstufe, auch Primärmodul genannt,
arbeitet je nach Gerätetyp mit 40 KHz (IGPT-Transformatoren) bis 100 kHz,
das bedeutet, der Schweißtransformator wird nicht mit 50 Hz versorgt, sondern
mit bis zu 40.000 Hz.
Funktionsweise von InverterStromquellen
27Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 28
Diese Spannung gelangt an den Schweißtransformator, der aufgrund der hohen
Frequenz leicht, kompakt und e zient konstruiert werden kann.
Inverter-Stromquellen verfügen über einen Gleichrichter. Die geringe Welligkeit
des Transformator-Ausgangsstroms erlaubt eine kompakte Ausführung. Bei
Inverter-Stromquellen besteht der Gleichrichter daher lediglich aus ungesteuerten Dioden.
Abb. 19: Funktionsweise einer Inverter-Stromquelle.
1: Eingang: sinusförmiger
Wechselstrom
2: Gleichrichten (primär)
3: Pu ern und Schalten
4: Transformieren
5: Gleichrichten (sekundär)
6: Glätten
7: Ausgang für Schweißung
Stromquellen für das WIG-Schweißen können auf Grund ihrer Eigenschaften
und Bauweise auch zum Lichtbogenhandschweißen eingesetzt werden.
Prinzipiell gibt es zwei unterschiedliche Geräteausführungen für das WIGSchweißen:
1. TransTig-Stromquellen
2. MagicWave-Stromquellen
TransTig-Stromquellen sind kostengünstig. Sie werden immer
dann genutzt, wenn der Schweißprozess einen Gleichstrom
erfordert.
MagicWave-Stromquellen haben einen komplexen Aufbau.
Sie können für Wechselstrom- und Gleichstrom-Anwendungen
genutzt werden, sodass mit ihnen alle Metalle geschweißt
werden können.
TransTIG-Stromquellen
MagicWave-Stromquellen
28Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 29
6.1.2 Leistungsschild
Ein Leistungsschild (Abbildung 20), manchmal auch „Typschild“ genannt, ist
eine vom Hersteller angebrachte Kennzeichnung an der Stromquelle. Das Leistungsschild enthält identi zierende, beschreibende und klassi zierende Daten.
Durch diese Informationen weiß der Schweißer, unter welchen Bedingungen
das Gerät betrieben werden kann.
Symbol für Schweißstrom (--- Gleichstorm ~ Wechselstrom)
Symbol für Blockschaltschild
Stromqullenaufbau (z. B. Inverter)
Symbol für Schweißprozess
Schutzklasse
Leerlaufspannung
max. auftretende Peakspannung
Symbol für Netzanschluss
Abb. 20: Leistungsschild einer WIG-Stromquelle.
Das Leistungsschild gibt wichtige Hinweise zum Umgang
mit der Stromquelle.
Normvorschrift für Hersteller
Leistungsbereich
Einschaltdauer
prim. Aufnahmestrom bei max. Schweißstrom
prim. Aufnahmestrom bei 100 % ED
Vorgeschriebene Netzabsicherung
6.2 Schweißbrenner
Das Kernstück eines WIG-Schweißbrenners ist eine nicht abschmelzende,
temperaturbeständige Wolframelektrode. Von dieser Elektrode geht ein Lichtbogen aus, der den Werksto erwärmt und ver üssigt. Um die Wolframelektrode herum ist eine Düse angebracht, aus der Schutzgas austritt. Die austretende Gasströmung schützt die erhitze Wolframelektrode und den erhitzten
Grundwerksto vor chemischen Reaktionen mit der Umgebungsluft.
Die Belastung eines WIG-Schweißbrenners hängt davon ab, ob mit Gleichstrom (DC) oder Wechselstrom (AC) geschweißt wird. Beim Wechselstrom ist
die Belastung höher.
Schweißbrenner für das WIG-Schweißen müssen gekühlt werden. Es gibt zwei verschiedene Kühlsysteme:
1. wassergekühlte Schweißbrenner
2. gasgekühlte Schweißbrenner
Aufbau und Funktionsweise
eines WIG-Schweißbrenners
Neue, sogenannte „intelligente“ WIG-Schweißbrenner (Abbildung 21) sind mit
einer Fernbedienung und einem Display ausgestattet. So kann der Schweißer
direkt am Arbeitsplatz die gewünschten Parameter einstellen und vorprogrammierte Jobs abrufen oder beein ussen. Das Display zeigt die Parameter digital
an (Abbildung 22). Teilweise können verschiedene Rohrbogengrößen an dem
gleichen Schlauchpaket eingesetzt werden (Abbildung 23).
29Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 30
Abb. 21: Ergonomischer
WIG-Brenner.
Abb. 22: Display.Abb. 23: Wechselbarer Rohrbogen.
6.2.1 Gasgekühlte Schweißbrenner
Gasgekühlte Schweißbrenner werden mit einem genormten Anschluss an die
Stromquelle angeschlossen (Abbildung 21). Die Kühlung erfolgt durch das
Schutzgas und die Umgebungsluft. Weil man gasgekühlten Brennern nicht
auf Kühlwasser angewiesen ist, eignen sich diese Schweißbrenner gut für die
Benutzung auf Baustellen.
In Abhängigkeit von der Einschaltdauer eignen sich gasgekühlten Brenner für
Schweißströme in der Größenordnung von 150 bis 200 A. Bei größeren Belastungen würden die Brennerabmessungen und das Brennergewicht zu groß.
Vorsicht! Wenn gasgekühlte WIG-Schweißbrenner überbelastet
werden, kann es passieren, dass die metallischen Teile
verschmoren und die keramische Gasdüse zerspringt.
6.2.2 Wassergekühlte Schweißbrenner
Für Brennerteile, die einer starken Erwärmung
ausgesetzt sind, nutzt man Kühlwasser, das
über eine Wasserrückkühlanlage zugeführt
wird (Abbildung 24). Die Wasserrückkühlanlagen sind meisten unterhalb der Stromquelle montiert. Wassergekühlte Schweißbrenner
haben ein relativ dünnes Schweißstromkabel,
das im Wasserrücklaufschlauch liegt. Deshalb
Abb. 24: Wasserrückkühlanlage.
sind diese Brenner leichter als gasgekühlte.
Gasgekühlte Schweißbrenner eignen sich
gut für Arbeiten auf
Baustellen.
Wichtiger
Sicherheitshinweis!
Wassergekühlte Schweißbrenner werden bei
Schweißströmen von etwa 150-200 A genutzt.
Zusätzlich zur Stromstärke entscheidet auch
die Einschaltdauer darüber, ob ein wassergekühlter Brenner zum Einsatz kommt.
Abb. 25: Genormter Brenneranschluss.
30Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 31
6.3 Wolframelektroden
6.3.1 Arten von Wolframelektroden
Im Vergleich zu allen anderen reinen Metallen hat Wolfram den höchsten Siedepunkt und den höchsten Schmelzpunkt.
universelle Einsatzmöglichkeiten für Gleichstrom und Wech-
selstrom
Wolframelektroden werden mit Hilfe des Sinterprozesses hergestellt. Das Verhalten und die Standzeit der Elektroden kann durch das Zumischen von Oxiden
beein usst werden. Dieser Vorgang wird Dotierung genannt.
Für die Zündfähigkeit einer Wolframelektrode ist die sogenannte Elektronenaustrittsarbeit entscheidend. Der Begri Elektronenaustrittsarbeit beschreibt
die Kraft, die benötigt wird, um ein Elektron aus dem Atomverband der Wolframelektrode zu lösen.
Eine niedrige Elektronenaustrittsarbeit heißt, dass nur wenig Kraft aufgewendet werden muss und der Lichtbogen leicht gezündet werden kann. Durch die
Dotierung mit Oxidzusätzen kann diese Elektronenaustrittarbeit weiter
reduziert werden. Ein weiterer positiver E ekt von Oxidzusätzen ist die höhere
Temperaturbelastbarkeit der Elektrode.
Eigenschaften von
Wolframelektroden
Dotierung
Elektronenaustrittsarbeit
Wirkung von Oxidzusätzen
Beispiele für Oxidzusätze:
Lathanoxid: La
Cer(III)-oxid: Ce2O
Cer(IV)-oxid: CeO
Thoriumdioxid: ThO
Zirkonoxid: ZrO
2O3
3
2
2
2
Oxide sollten in der Wolframelektrode möglichst gleichmäßig (homogen) verteilt sein.
Über die Wahl der richtigen Elektrode informiert die internationale Norm DIN EN
ISO 6848. Entsprechend dieser Norm sind nachfolgend die gebräuchlichsten
Elektrodenarten mit ihrer Kurzbezeichnung und ihrer Farbkennung aufgelistet.
Beispiele für
Oxidzusätze
31Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 32
KURZZEICHENOXID
WP––99,9Grün
WC 20Ceroxid1,8 - 2,2RestGrau
WL 10Lanthanoxid0,8 - 1,2RestSchwarz
WL 15Lanthanoxid1,3 - 1,7RestGold
WL 20Lanthanoxid1,8 - 2,2RestBlau
WT 10Toriumoxid0,8 - 1,2RestGelb
WT 20Toriumoxid1,7 - 2,2RestRot
WT 30Toriumoxid2,8 - 3,2RestViolett
WZ 3Zirkonoxid0,15 - 0,5RestBraun
WZZirkonoxid0,7 - 0,9RestWeiß
WS 2
Tab. 4: Wolframelektroden nach DIN EN 26848.
SelteneErde
Oxid
OXID-ANTEIL
(IN %)
max. 2RestTürkis
WOLFRAMANTEIL (IN %)
KENNFARBE
Wolframelektroden mit Thoriumoxid haben eine schwache Radioaktivität. Deshalb werden sie nur sehr selten verwendet.
Wolframelektroden
nach DIN-Norm
Ein Beispiel: DIN EN ISO 6848: WCe20 -1,6 -75
NormKennzeichnungscode
Elektrode ISO 6848 -WCe 20 -1,6 -75
Lieferform
Norm-Nummer
Abb. 26: Erläuterung der Normbezeichnung.
Wolfram mit
1,8...2,2 % Ceroxid
Die farbige Kennzeichnung am Ende der Wolframelektrode (Abbildung 27) sollte stets erhalten bleiben.
Handelsübliche Durchmesser für Wolframelektroden:
Elekroden-
durchmesser
Elektrodenlänge
1,0 mm
1,6 mm
2,4mm
3,2mm
4,8 mm
6,4 mm
Abb. 27: Farbkennzeichnung
an der Wolframelektrode.
Die gebräuchlichste Länge bei Wolframelektroden beträgt 175 mm.
Farbkennzeichnungen
von Wolframelektroden
32Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 33
6.3.2 Schleifen von Wolframelektroden
Der Ablauf des Schweißprozesses und die Qualität der Schweißnaht werden
von der Form der Elektrodenspitze beein usst.
Um eine qualitativ hochwertige Naht zu erzielen, muss die
Wolframelektrode in den meisten Fällen angeschli en werden.
Der Anschli winkel ist abhängig davon, ob mit Gleichstrom oder
mit Wechselstrom geschweißt wird.
Es gilt: Je feiner das Schli bild ist, desto höher ist die Standzeit
der Elektrode und desto besser wird die Schweißnaht.
Das Schleifen von Wolframelektroden muss sehr sorgfältig durchgeführt werden:
1. Vor dem Anschleifen muss zunächst kontrolliert werden, dass die Elektrode
nicht abgekni en oder abgebrochen ist.
Je feiner das Schli bild, desto besser wird
die Schweißnaht
2. Es wird immer in Längsrichtung geschli en.
3. Der Anschli muss eine zentrierte Spitze hervorbringen, da sonst die Zün-
dung neben dem eigentlichen Zündungspunkt ausgelöst wird und der Lichtbogen instabil werden kann.
4. Der Anschli winkel hängt von der gewünschten Einbrandtiefe und von der
Breite der Schweißnaht ab.
5. Nach dem Anschli muss die Spitze der Elektrode abgestumpft werden.
Dadurch verringert sich die Belastung an der Spitze und die Standzeit verlängert sich. Die abgestumpfte Spitze sollte eine Größe von ca. 10 % des
Elektrodendurchmessers haben.
Für das Anschleifen der Wolframelektroden werden spezielle Schleifgeräte genutzt
(Abbildung 28). Beim Anschleifen der Wolframelektrode muss die Schleifscheibe gegen die
Elektrodenspitze laufen, um ein Abbrechen des
spröden Werksto es zu vermeiden.
Abb. 28: Wolframelektroden-Schleifgerät.
Beim Schweißen mit Gleichstrom wird die Elektrode in einem
Winkel von ca. 30 ° geschli en
(Abbildung 29). Dadurch ist der
Lichtbogen sehr konzentriert. Die
Länge der geschli enen Spitze
entspricht ungefähr dem doppel-
Abb. 29: Anschli winkel von 30 °
veun WIG DC-Schweißen.
ten Durchmesser der Elektrode.
Schleifen
von Wolframelektroden
Anschli winkel
beim Schweißen
mit Gleichstrom
33Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 34
Beim Schweißen mit Wechselstrom werden Elektroden angeschli en, deren
Durchmesser größer als 1,6 mm ist. Der Anschli winkel liegt bei etwa 90°.
Beim anschließenden Schweißprozess bildet sich an der Elektrodenspitze eine
Kugel (Kalotte).
Beim Schweißen von Aluminium wird meisten Wechselstrom verwendet.
Dadurch wird die Wolframelektrode stärker belastet als bei der Verwendung
von Gleichstrom. Die Spitze der Wolframelektrode sollte daher als Kalotte ausgebildet werden. Abhängig von Anwendungsfall kann die Kalotte verschiedene
Durchmesser aufweisen. (Abbildung 30 und 31).
Anschli winkel
beim Schweißen
mit Wechselstrom
Kalotte
Abb. 30: AC-Schweißen:
Kalotte 1,0 mm.
Abb. 31: AC-Schweißen:
Kalotte 2,4 mm.
Je größer der Kalotten-Durchmesser ist, desto breiter wird der
Lichtbogen!
Beim mechanisierten Schweißen müssen Wolframelektroden immer angeschli en werden.
6.4 Fernregler
Wenn Einstellungen an der Schweißstromquelle direkt am Schweißplatz vorgenommen werden müssen, ist ein Fernregler (Abbildung 32) hilfreich. Eine
Fußfernbedienung beispielsweise ermöglicht ein präzises Arbeiten, da die
schweißende Person ihre Hände für die Brennerführung und für das Zuführen
des Zusatzmaterials nutzen kann (Abbildung 33).
Bei neuen WIG-Schweißsystemen erfolgt der Datenaustausch zwischen Fernregler und Stromquelle kabellos via Bluetooth. Bei diesen Systemen übernimmt
der digitale Schweißbrenner die Masterfunktion, sodass während des Schweißens über den Fernregler am Brennergri Parameterkorrekturen vorgenommen werden können.
Die Breite des Lichtbogens hängt von der
Kalotte ab.
Fernregler erleichtern die
Abläufe beim Schweißprozess.
Abb. 32: Kabelloser Fußfernregler und
Handfernregler.
Abb. 33: Fernregler am WIGSchweißbrenner.
34Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 35
6.5 Verständnisfragen
Welche Vorteile bieten Inverter-Stromquellen beim WIG-Schweißen?
Auf dem Leistungsschild einer Stromquelle stehen verschiedenen Anga-
ben. Drei davon sind …
Ab welcher Stromstärke sollten wassergekühlte WIG-Brenner genutzt wer-
den?
Welche Eigenschaften sollten Wolframelektroden besitzen?
Warum bildet sich beim WIG-Wechselstromschweißen eine Kalotte an der
Wolframelektrode aus?
35Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 36
7. SCHWEISSZUSÄTZE
7.1 Schweißzusatzstäbe für das WIG-Schweißen
Für das manuelle WIG-Schweißen werden in der Praxis hauptsächlich
Schweißzusatzstäbe mit folgenden Durchmessern verwendet:
1,6 mm
2,0 mm
2,4 mm
3,2 mm
4,0 mm
Bei automatisierten Anwendungen werden dieselben Drahtdurchmesser eingesetzt wie beim Metall-Inertgas- (MIG) bzw. Metalll-Schutzgasschweißen
(MAG). Gängige Durchmesser sind:
0,8 mm
1,0 mm
Ducrhmesser von
Schweißzusatzstäben beim manuellen
WIG-Schweißen.
Durchmesser von Schweißzusatzstäben beim automatisierten WIG-Schweißen.
1,2 mm
1,6 mm
Der Zusatzwerksto ist grundsätzlich immer höher legiert als der Grundwerksto . Diese höhere Legierung wirkt einem Legierungsabbrand durch den Lichtbogen entgegen und gewährleistet dadurch eine hohe Schweißnahtqualität.
Die jeweilige Kennzeichnung ist am Ende des Schweißzusatzstabes eingeprägt und sollte stets erhalten bleiben (Abbildungen 34 und 35).
Abb. 34: Unlegierter Schweißzusatzstab.
Abb. 35: Legierter Schweißzusatzstab.
Zusatzwerksto e sind
höher legiert als der
Grundwerksto .
Es gilt:
Unabhängig davon, welches Material im WIG-Verfahren verschweißt wird, ist die Qualität von Schweißnähten, die mit einem Schweißzusatzstab gefertigt wurden immer höher als bei
Schweißnähten, die ohne Zusatzstab gefertigt wurden.
Schweißzusatzstäbe
verbessern die Schweißnahtqualität
36Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 37
7.2. Normung der Schweißzusatzstäbe zum WIG-Schweißen
Schweißstäbe zum WIG-Schweißen sind nach Norm gekennzeichnet. Die
Angaben informieren über die jeweils geltende Norm und die Zusammensetzung des Schweißzusatzstabs.
7.2.1 Schweißzusatzstäbe für unlegierte Stähle und Feinkornstähle nach
DIN EN ISO 636
Die Schweißzusatzstäbe bestehen aus Stahl. Die wichtigsten Legierungselemente sind Silizium und Magnesium.
Stab ISO 636-A–W 3Si1
Lieferform
Norm-Nummer
Schweißprozess WIG
chemische Zusammensetzung
Abb. 36: Normbezeichnung eines unlegierten Zusatzwerksto s.
unlegierte Stähle
und Feinkornstähle
7.2.2 Schweißzusatzstäbe für korrosionsbeständige und hitzebeständige Stähle
nach DIN EN ISO 14343
Die Angaben der Legierungselemente Chrom, Nickel und Molybdän erfolgt
in Prozentangaben. Zusätzliche erfolgt noch die Angabe der Stabilisierungselemente Niob und Titan.
Stab ISO 1434–W 19 12 3 Nb
Lieferform
Norm-Nummer
Schweißprozess WIG
Gehalt Legierungselemnte (in % Angabe)
Chrom Nickel Molybdän
Stabiliserungselement
Abb. 37: Normbezeichnung eines korrosionsbeständigen Schweißzusatzstabs
nach DIN EN ISO 14343.
7.2.3 Schweißzusatzstäbe zum Schweißen von Aluminium und Aluminiumlegierungen nach DIN EN ISO 18273
Die Angabe der chemischen Zusammensetzung ist in der Norm nicht vorgeschrieben. Es reicht aus, das Legierungskennzeichen zu verwenden.
korrosionsund hitzebeständige Stähle
ISO 18273–S Al5754 (AlMg3)
Norm-Nummer
Massivdraht oder Stab
Numerische Legierungskurzzeichen
chemische Zusammensetzung
Abb. 38: Normbezeichnung eines Schweißzusatzstabs nach DIN EN ISO 18273.
37Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 38
Praxistipps:
1. Hersteller geben genaue Informationen über ihre Zusatzwerk-
sto e. Die richtige Auswahl muss jedoch durch eine Fachperson erfolgen.
2. Die Wärme des Schmelzbades kann durch den Drahtdurch-
messer beein usst werden: Ein dicker Draht hat einen höheren Kühle ekt auf das Schmelzbad als ein dünner Draht,
weil der Draht die Wärme „wegzieht“ und ein Durchbrennen
verhindert. Diesen E ekt nutzt man vor allem beim Aluminiumschweißen und beim WIG-Schweißen von Dünnblechen.
3. Schweißstäbe für das Gasschmelzschweißen sollten keines-
falls zum WIG-Schweißen genutzt werden, da dies Poren verursachen kann.
7.3 Schutzgase für das WIG-Schweißen
Schutzgase sind nach DIN EN ISO 14175 genormt.
Praxistipps!
Während des Schweißprozesses erfüllen die Schutzgase verschiedene Funktionen:
Sie ionisieren die Luftstrecke zwischen der Wolframelektrode
und dem Werkstück.
Sie stabilisieren den Lichtbogen.
Sie schützen das Schmelzbad vor Ein üssen der Umgebungs-
luft.
Sie beein ussen das Einbrandverhalten und die Wirtschaft-
lichkeit.
Zum WIG-Schweißen werden fast ausschließlich inerte, d.h. reaktionsträge
Gase verwendet, denn diese Gase gehen keine Reaktion mit dem Schmelzbad
ein.
In seltenen Fällen werden Mischgase verwendet, wie z.B.
Argon + 5%H2 (Wassersto ) oder
Argon mit minimalen aktiven Anteilen im ppm Bereich.
Funktionen des Schweißschutzgases.
Inerte Gase sind reaktionsträge.
38Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 39
Die Gasart ist an der Flaschenschulter durch eine genormte
Kennfarbe ersichtlich (Abbildung
39):
Argon hat die Kennfarbe Dun-
kelgrün.
Helium hat die Kennfarbe
Braun.
Die Schutzgasmenge wird mit ca. 5-10 l/min
angesetzt (Abbildung 40). Die tatsächlich benötigte Menge an Schutzgas wird von den Umgebungsbedingungen, der Schmelzbadgröße und
dem Gasdüsendurchmesser beein usst.
7.3.1 Argon (Ar):
Ist ein inertes Gas mit sehr guten Zündeigenschaften.
Abb. 39: Kennfarbe an
der Flaschenschulter.
Wichtiger Sicherheitshinweis:
Gas aschen immer gegen
Umfallen sichern!
Abb. 40: Messrohr zur
Messung direkt an der
Gasdüse.
Argon formt einen sogenannten ngerförmigen Einbrand.
Im Vergleich zu anderen inerten Gasen ist Argon günstig, weil es aus der
Luft gewonnen wird.
Das Schutzgas Argon kann für alle Materialien verwendet werden.
Das am häu gsten verwendete Schutzgas beim WIG-Schweißen ist Argon.
7.3.2 Helium (He):
Genau wie Argon ist auch Helium ein inertes Gas, das keine Reaktion mit dem
Schmelzbad eingeht. Helium wird in der Praxis gerne auch als ein „sehr heißes
Gas“ bezeichnet und bietet Vor- und Nachteile.
Praxistipps:
1. Wird sauersto freies Kupfer geschweißt, muss man auf
Argon-Helium-Gasgemische zurückgreifen.
Argon
Argon wird am häu gsten als Schutzgas
verwendet.
Helium
Praxistipps!
2. Bei Materialstärken von 5 mm und mehr ist das WIG-Schwei-
ßen von Kupfer nur noch mit reinem Helium wirtschaftlich und
qualitativ hochwertig möglich.
39Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 40
Vorteile
Nachteile
+ Helium ist gegenüber Argon ein
viel besserer Wärmeleiter (ca.
8 Mal besser als Argon).
+ Durch die höhere Wärmeleit-
fähigkeit wird mit Helium ein
tiefer und breiter Einbrand
erreicht.
+ Die extrem gute Wärmeleitfä-
higkeit von Helium verursacht
weniger Anlassfarben auf der
Schweißnahtober äche als
Argon.
- Helium ist ein sehr teures Gas,
weil es nicht aus der Luft gewonnen wird, sondern aus dem
Boden.
- Der Gasverbrauch ist hoch,
weil Helium leichter als Luft ist.
- Wegen der guten Wärmeleit-
fähigkeit ist Helium nicht für
Dünnblechschweißungen
geeignet.
- Verglichen mit Argon hat
Helium schlechtere Zündeigenschaften.
7.4 Verständnisfragen
Warum sollte der Zusatzwerksto beim WIG-Schweißen etwas höher le-
giert sein als der Grundwerksto ?
Die Vor- und Nachteile
von Helium.
Was muss bei der Normbezeichnung von Aluminiumzusatzwerksto en
angegeben werden?
Warum eignet sich Helium nicht für die Dünnblechschweißung?
Für welche Materialien eignet sich beim WIG-Schweißen Argon als Schutz-
gas?
40Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 41
8. CC- UND CV-CHARAKTERISTIK
8.1 CC- und CV-Charakteristik
Eine Schweißstromquelle muss dazu in der Lage sein, den eingestellten
Schweißstrom auch dann zu halten, wenn sich die Länge des Lichtbogens (der
Abstand zwischen Wolframelektrode und Werkstück) verändert (Abbildungen
41 und 42).
U (V)
I (A)
Abb. 41: Stark fallende Stromquellenkennlinie.
Abb. 42: WIG-Stromquelle.
Wird der Lichtbogen länger, erhöht sich die Schweißspannung. Wird
der Lichtbogen kürzer, wird die Schweißspannung geringer. Dieser
Zusammenhang wird Regelverhalten genannt.
Laut dem Ohm’schen Gesetz U = R x I gilt für die Stromstärke I:
Stromstärke (I) =
Spannung (U)
Widerstand (R)
Nach dieser Formel müssen sich Spannung und Widerstand proportional
zueinander verhalten, um den Stromwert gleich zu halten.
Beim Wolfram-Inertgasschweißen ist es nicht möglich, die Lichtbogenlänge 100-prozentig konstant zu halten. Deshalb verwendet man bei diesem
Schweißverfahren eine sogenannte Constant-Current-Charakteristik (CCCharakteristik). Die CC-Charakteristik regelt die Lichtbogenlänge über die elektrische Spannung. Dadurch bleibt die Stromstärke konstant und der Lichtbogen
wird auch dann aufrechterhalten, wenn sich die Elektrodenführung ändert.
De nition vom Regelverhalten
Constant CurrentCharakteristik
41Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 42
Die Schweißspannung Us (V) wiederum ergibt sich aus der Lichtbogenkennlinie. Deren Lage und Position hängt vom verwendeten Elektrodendurchmesser und vom Elektrodentyp ab.
CV-Charakteristik:
Das Gegenteil einer Konstant-Stromkennlinie ist eine Konstant-Spannungskennlinie, engl.: Constant-Voltage-Charakteristik (CV-Charakteristik).
Bei Stromquellen mit CV-Charakteristik bleibt die Schweißspannung Us (V)
während des Schweißens konstant und die Schweißtromstärke Is (A) wird kontinuierlich angepasst. Um den Schweißprozess zu regulieren, wird der
Schweißstrom erhöht oder verringert.
Stromquellen mit CV-Charakteristik sind für das Wolfram-Inertgasschweißen
nicht geeignet, da mit jedem Zurückziehen der Elektrode der Lichtbogen sofort
erlöschen würde. Eine Ausnahme sind Multiprozessanlagen.
Stromquellen mit CV-Charakteristik werden deshalb für das Metall-Inertgas-Schweißen (MIG) und das Metall-Aktivgasschweißen (MAG) genutzt.
8.2 Verständnisfragen
Welche Schweißstromquellen werden für das Wolfram-Inertgasschweißen
verwendet?
Nach welchem Prinzip wird beim Wolfram-Inertgasschweißen die Lichtbo-
genlänge geregelt?
42Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 43
9. FUNKTIONEN EINER
WIG-SCHWEISSSTROMQUELLE
9.1 Die Bedienelemente einer WIG-Schweißstromquelle
1: Taste für den Betriebsstart
2: Taste zum Gasprüfen
3: Lesezone für die Key-Karte
4: Einstellrad zur
Parameterauswahl
5: Menü-Taste
6: Favoriten-Taste
7: Display
8: Anzeige „HOLD“ für die
Schweißform
Abb. 43: Bedienelemente einer WIG-Schweißstromquelle.
9: Statuszeile
10: Anzeige „HOLD“ für die
Schweißspannung
9.2 2- und 4-Takt-Betrieb
WIG-Schweißstromquellen haben zwei unterschiedliche Taktbetriebe:
2-Takt-Betrieb
4-Takt-Betrieb
Mit der Auswahlmöglichkeit zwischen diesen beiden Taktbetrieben kann der
Bediener entscheiden, ob er die Brennertaste permanent betätigen möchte
oder nur zum Starten und Stoppen. Diese Entscheidung ist abhängig von der
Schweißlänge bzw. Schweißdauer.
9.2.1 Anleitung für den 2-Takt-Betrieb
I
GPr
I
1
t
t
down
GPoUPS
Taktbetriebe und Schweißlänge
2-Takt-Betrieb
Abb. 44: 2-Takt-Betrieb.
1. Zu Beginn des Schweißens: Brennertaste zurückziehen und halten.
2. Am Ende des Schweißvorgangs: Brennertaste loslassen.
43Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 44
9.2.2 Anleitung für den 4-Takt-Betrieb
I
I
s
I
1
I
2
*)
I
1
I
t
t
GPRGPOUPS
Abb. 45: 4-Takt-Betrieb.
t
down
1. Schweißbeginn mit Startstrom Is: Brennertaste zurückziehen und halten.
2. Schweißen mit Hauptstrom I: Brennertaste loslassen.
3. Absenken auf Endstrom I
E: Brennertaste zurückziehen und halten.
4. Bei Schweißende: Brennertaste loslassen.
* Zwischenabsenkung: Bei der Zwischenabsenkung wird während der Hauptstrom-Phase der Schweißstrom auf den eingestellten Absenkstrom I abgesenkt.
9.3 RPI-Zündung
4-Takt-Betrieb
RPI ist die Abkürzung für „Reversed Polarity Ignition“ und beschreibt das
„Zünden mit umgekehrter Polarität“ (Abbildung 46).
Wie bereits erwähnt, ist der Pluspol immer der heißere Pol. Um einen
stabilen Lichtbogen zu erzeugen, wird bei der RPI-Zündung mit dem Pluspol gezündet. Damit dabei dünne Bleche nicht durchbrennen, liegt der
Pluspol nur für wenige Millisekunden an der Wolframelektrode. Anschließend
polt die Schweißstromquelle automatisch auf den Minuspol um. Die Wolframelektrode wird also nur sehr kurz erhitzt, was ein stabiles und sicheres Zünden des Lichtbogens ermöglicht.
Bei Schweißungen mit Wechselstrom (AC) wir immer auf dem
Pluspol gezündet, deshalb steht die Funktion „RPI“ nur bei
WIG-Wechselstromgeräten zur Verfügung (MagicWave).
Reversed Polarity Ignition
Pluspolzündung beim
WIG-Schweißen mit
Wechselstrom
44Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 45
Ion
Ion
Elektron
Elektron
Material
Material
Schmelzpunkt
bei ca. 660 °C
Schmelzpunkt
bei ca. 660 °C
Polarität
Oxid-Schicht
Schmelzpunkt
bei ca. 2015 °C
Polarität
I+
Oxid-Schicht
Schmelzpunkt
bei ca. 2015 °C
t
Ion
Ion
Elektron
Elektron
Material
Schmelzpunkt
Material
bei ca. 660 °C
Schmelzpunkt
bei ca. 660 °C
Polarität
Oxid-Schicht
Schmelzpunkt
bei ca. 2015 °C
0
Polarität
I-
Oxid-Schicht
Schmelzpunkt
bei ca. 2015 °C
Abb. 46: RPI-Zündung.
9.4 Heftfunktion (TAC)
Mit der Heftfunktion lassen sich Bauteile schnell und bequem Zusammenheften.
Das Prinzip der Heftfunktion basiert darauf, die Ober ächenspannung von üssigem Metall aufzuheben. Dies geschieht durch voreingestellte Pulsparameter.
Heftfunktion
Wenn man zwei Bleche stumpf miteinander verbinden möchte, kann es passieren, dass sich an der Stelle, an der die beiden Bleche schmelzen, die Schmelzbäder voneinander wegbewegen und keine Verbindung eingehen. Durch die
Pulsparameter der Heftfunktion wird das üssige Metall in Schwingung versetzt.
Dadurch hebt sich die Ober ächenspannung auf und die beiden Schmelzbäder
vermischen sich.
Die Pulsparameter der Heftfunktion lassen sich mit einem Glas Wasser vergleichen, das leicht über den Rand des Glases hinaus befüllt werden kann. Bringt
man nun das Wasserglas leicht in Schwingung, hebt diese Schwingung die
Ober ächenspannung auf und das Wasser ießt herunter.
Praxistipp:
Ist der Heftpunkt ausgeführt, sollte man den WIG-Schweißbrenner
nicht sofort wegbewegen, sondern noch ein paar Sekunden warten.
Die Gasnachströmung schützt den noch heißen Heftpunkt vor Sauersto , sodass Heftpunkte ohne Anlassfarben erzeugt werden können.
Diese lassen sich anschließend leicht überschweißen.
Pulsparameter heben die
Ober ächenspannung auf.
Praxistipp!
45Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 46
9.5 Balanceeinstellung
Die Balanceeinstellung ist wichtig für das WIG-Schweißen mit Wechselstrom,
der beim Schweißen von Leichtmetallen die entstehende Oxidschicht wegbricht.
Mit der Funktion „AC-Balance“ lassen sich die Zeiten für die
„Reinigungshalbwelle“ und die „Kühlhalbwelle“ einstellen.
9.5.1 Balance von 33 %
Die Standardeinstellung für den Wechsel zwischen den Wellen ist ein positiver
Halbwellenanteil von 33 % und ein negativer Halbwellenanteil von 66 % (Abbildungen 47 und 48).
+
t (s)
-
Abb. 47: Die Balanceeinstellung von 33 %.Abb. 48: Die Balanceeinstellung von 33 %.
Reinigungshalbwelle
und Kühlungshalbwelle
Die Balance von 33 %
… ist die Standardeinstellung für die meisten Anwendungen.
… entspricht der Werkseinstellung.
… belastet die Wolframelektrode nur wenig.
… hat einen guten Reinigungse ekt.
9.5.2 Balance von 15 %
Bei der Balance-Einstellung von 15 % (Abbildungen 49 und 50) liegt der positive Halbwellenanteil bei 15 %, der negative Halbwellenanteil bei 85 %. Der
Lichtbogen ist sehr fokussiert, sodass ein tiefer Einbrand erreicht wird.
+
t (s)
-
Vorteile einer Balance
von 33 %.
Abb. 49: Die Balanceeinstellung von 15 %.Abb. 50: Die Balanceeinstellung von 15%.
46Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 47
Die Balance von 15 %
… wird bei sehr sauberen Bauteilen benutzt.
… wird genutzt, um einen tiefen Einbrand zu erreichen,
beispielsweise bei Wurzelschweißungen.
… bringt einen fokussierten Lichtbogen hervor.
… belastet die Wolframelektrode nur gering.
9.5.3 Balance von 50 %
Bei dieser Balance-Einstellung sind die positiven und negativen Halbwellenanteile gleich groß. Dadurch entstehen ein breiter Lichtbogen und ein breiter, aber
nicht tiefer Einbrand.
+
t (s)
Vorteile einer Balance
von 15 %.
-
Abb. 52: Die Balanceeinstellung von 50 %.Abb. 51: Die Balanceeinstellung von 50 %.
Die Balance von 50 %
… wird bei stark verunreinigten Bauteilen angewendet.
… hat einen sehr guten Reinigungse ekt.
… erzeugt einen breiten Lichtbogen.
… sorgt für einen breiten, aber nicht tiefen Einbrand.
… belastet die Wolframelektrode sehr stark.
… wird für Aluminiumguss-Reparaturschweißungen genutzt.
9.6 WIG-Impulsschweißen
Das WIG-Impulsschweißen wird hauptsächlich beim Schweißen mit Gleichstrom eingesetzt, teilweise aber auch beim automatisierten Schweißen mit
Wechselstrom.
Vorteile einer Balance
von 50 %.
WIG-Pulsen
Das WIG-Impulsschweißen wird auch WIG-Pulsen oder WIGPulstechnik genannt.
WIG-Pulsen bzw.
WIG-Pulstechnik
47Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 48
t
t
t
G
p
t
I
p
c
I
G
Impulsstrom I
Impulsstrom I
Grundstrom l
Grundstrom l
Impulszeit
Impulszeit
(Duty-Cycle) t
(Duty-Cycle) t
Grundstromzeit t
Grundstromzeit t
Impulsfrequenz tp=1/t
Impulsfrequenz tp=1/t
Periodendauer t
Periodendauer t
p
G
p
G
c
c
p
G
p
G
c
c
Abb. 53: Schematische Darstellung des WIG-Impulsschweißens.
Wenn das WIG-Impulsschweißen (Abbildung 53) von Hand durchgeführt wird,
ist dies nur im niedrigen Pulsfrequenzbereich von 0,25 –5 Hz möglich. Das
Zusetzen des Schweißstabes erfolgt während der Impulsstromphase. Das
bringt schöne Nahtober ächen hervor und erleichtert vor allem Anfängern das
Schweißen.
Im automatisierten Bereich erfolgt das WIG-Impulsschweißen mit höheren Pulsfrequenzen bis zu 200 Hz. Die hohe Pulsfrequenz „schnürt“ den Lichtbogen ein,
der dadurch stabiler wird. Vor allem im unteren Leistungsbereich vermindert
dies Lichtbogenablenkungen und ermöglicht höhere Schweißgeschwindigkeiten.
Manuelles WIG-Pulsen im
niedrigen Frequenzbereich.
Automatisiertes WIG-Pulsen
im hohen Frequenzberich.
Abb. 54: Pulsfrequenz: 3 Hz.Abb. 55: Pulsfrequenz: 10 Hz.
48Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 49
9.7 Verständnisfragen
Was versteht man unter der „2-Takt-Schweißung“?
Was bedeutet „RPI-Zündung“?
Warum wird beim WIG-Schweißen mit Gleichstrom vorwiegend am Minus-
pol geschweißt?
Warum wird beim WIG-Schweißen von Aluminium Wechselstrom einge-
setzt?
In welchem Frequenzbereich erfolgt vorwiegend die manuelle WIG-Impuls-
technik?
49Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 50
10. SCHWEISSNAHTVORBEREITUNG
10.1 Nahtarten (Nahtformen)
Die Nahtart bzw. Nahtform legt zwei wesentliche Aspekte des Schweißprozesses
fest:
1. Die Vorbereitung der Schweißfuge
2. Die Form der Schweißnaht
Welche Nahtform für den Schweißprozess infrage kommt, ist abhängig von
verschiedenen Faktoren:
Werksto art
Werksto dicke
Schweißprozess
Die häu gste Nahtform ist die Kehlnaht, bei der die Werkstücke im Winkel miteinander verschweißt werden. Stumpfnähte verbinden Werkstücke, die sich auf
einer Ebene (180°-Winkel) be nden (siehe dazu auch Seite 14).
Nahtarten beein ussen den
Schweißprozess.
Wenn bei Stumpfnähten eine völlige, einseitige Durchschweißung erforderlich
ist, ist ab einer Wanddicke von ca. 4 mm eine Kantenanarbeitung notwendig.
Nahtart
I-Naht
V-Naht
X-Naht
Y-Naht
Doppel-U-Naht
Abb. 56: Nahtarten und ihre technische Darstellung.
technisches
Symbol
Kehl-Naht
Überlapp-NahtEck-Naht
Doppel-Kehl-Naht
Beim WIG-Schweißen ist es besonders wichtig, dass die Schweißfuge sauber ist. Zunder und Oxydhäute sollten deshalb durch Bürsten oder Schleifen
entfernt werden.
Nahtarten und ihre Darstellung in
technischen Zeichnungen.
50Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 51
Bördelnaht
t
Bördelecknaht
t
t
Bördelecknaht
Die Schweißnahtvorbereitung für das WIG-Schweißen hängt
von der Schweißnaht ab. Hier unterscheidet man drei verschiedene Arten:
1. Schweißnähte, die ohne Schweißzusatz und ohne Kanten-
vorbereitung geschweißt werden.
2. Schweißnähte, die mit Schweißzusatz ohne Kantenvorberei-
tung geschweißt werden.
3. Schweißnähte, die mit Schweißzusatz und mit Kantenvorbe-
reitung geschweißt werden.
10.2 Schweißen ohne Schweißzusatz und ohne Kantenvorbereitung
Das WIG-Schweißen eignet sich besonders gut für Schweißnähte, bei denen kein Zusatzwerksto benötigt wird, weil die Werkstückkanten nur unter dem Lichtbogen
verlaufen.
Laut der international geltenden Norm DIN EN ISO 9692 sind dies bis zu einer
Materialdicke von ca. 3 mm folgende Nahtformen:
Stirnnaht
Ecknaht
Dreiblechnaht
Schweißnahtarten
beim WIG-Schweißen
Bördelnaht
Bördelecknaht.
t
tt
Stirnnaht
Bördelnaht
Abb. 57: Nahtformen beim WIG-Schweißen.
t
Ecknaht
t
Dreiblechnaht
t
t
t
51Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 52
α
d
t
k
α
α
d
tt
k
β
t
k
d
α
d
tt
k
β
t
k
d
HY-Naht
α
α
d
tt
k
α
β
α
d
tt
k
β
α
α
d
tt
k
α
d
t
k
β
t
k
d
t
β
y
t
β
r
β
α
d
tt
k
β
t
k
d
t
β
α
d
tt
k
t
k
α
d
tt
k
α
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tt
k
β
t
k
d
t
β
α
d
tt
k
β
t
k
d
t
β
α
α
d
t
t
k
V-Naht
α
d
t
k
Y-Naht
α
α
d
tt
k
α
d
t
k
β
t
k
d
X-Naht
α
d
tt
k
β
t
k
d
HY-Naht
α
α
d
tt
k
α
d
t
k
β
t
k
d
β
d
t
k
β
d
U-Naht
α
d
tt
k
β
t
k
d
Doppel-HY-Naht
α
α
d
tt
k
α
d
t
k
β
t
k
d
d
t
k
β
y
d
t
k
β
d
d
t
k
β
t
k
β
r
r
β
Doppel-U-Naht
α
d
tt
k
β
t
k
d
d
t
k
β
d
t
k
β
Doppel-HY-Kehlnaht
α
α
d
tt
k
α
d
t
k
β
t
k
d
α
d
tt
k
β
t
k
d
HY-Naht
α
α
d
tt
k
α
d
t
k
β
t
k
d
d
t
k
β
y
d
t
k
β
d
t
k
β
r
β
Doppel-U-Naht
α
d
tt
k
β
t
k
d
d
t
k
β
d
t
Doppel-HY-Kehlnaht
10.3 Schweißen mit Schweißzusatz ohne Kantenvorbereitung
Wenn ein Zusatzwerksto verwendet wird, können ohne Kantenvorbereitung
I-Stöße an Stahl bis zu einer Stärke von etwa 3 mm ohne oder mit geringem
Stirn ächenabstand einseitig geschweißt werden.
Bei Aluminiumwerksto en ist das einseitige
Schweißen ohne Kantenvorbereitung bis zu einer Materialdicke von bis 4-5 mm möglich. An
dickeren Blechen bis etwa 8 mm muss beidseitig geschweißt werden, wobei unter Umständen
d
I-Naht
Abb. 58: I-Naht.
t
ein Spalt bis zur halben Blechdicke einzuhalten
ist.
10.4 Schweißen mit Zusatz und Kantenvorbereitung
Mit Zusatzwerksto en
können bei Aluminium
Materialdicken bis zu 5
mm Dicke einseitig verschweißt werden.
Unlegierte und legierte Stähle werden an beiden Stoß ächen mit einem Ö nungswinkel von ca. 60 ° vor- bzw. angearbeitet. Bei Aluminiumwerksto en
beträgt der Winkel bis zu 90 °.
Aus wirtschaftlichen Gründen wird bei diesen Werksto en das WIG-Schweißen
häu g jedoch nur für die Wurzellage genutzt.
V-Naht
Abb. 59: Die Kantenvorbereitung für das WIG-Schweißen mit einem Zusatzwerksto .
Werkstücke mit einer Dicke von mehr als 8 mm müssen grundsätzlich angeschrägt werden. Die Schweißnaht wird entweder als
V-Naht, Y-Naht, X-Naht oder U-Naht ausgeführt. Der jeweilige
Ö nungswinkel hängt von der Art des Werksto es ab.
α
t
β
t
d
k
HY-Naht
β
r
k
d
t
k
Y-Naht
y
k
β
α
t
d
α
t
k
d
X-Naht
β
r
t
d
k
β
t
k
d
d
Bei Werkstücken von
einer Dicke über 8 mm
ist eine Kantenvorbereitung notwendig.
52Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 53
Praxistipp:
Beim einseitigen Durchschweißen von Aluminium entsteht auf
der Ober äche der Wurzelrückseite oft ein leichter Nahteinfall.
Dieser kann durch ein leichtes Brechen der rückseitigen Stegkanten vermieden werden.
10.5 Verständnisfragen
Welche Nahtarten können mit dem WIG-Verfahren ohne Zusatzwerksto
geschweißt werden?
Bis zu welcher Materialdicke können I-Nähte an Aluminiumwerksto en mit
dem WIG-Verfahren einseitig durchgeschweißt werden?
Praxistipp!
Wodurch kann ein Nahteinfall auf der Wurzelrückseite von Aluminiumwerk-
sto en verhindert werden?
53Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 54
11. WIG-SCHWEISSEN VON
WERKSTOFFEN
Mit dem WIG-Schweißprozess erreicht man die höchste Schweißnahtqualität aller Lichtbogenschweißverfahren. Deshalb ist das WIG-Schweißen sehr
weit verbreitet im Kraftwerksbau und im Rohrleitungsbau, in der Lebensmittelindustrie, der Medizintechnik und in der Luft- und Raumfahrt. Weil mit dem
WIG-Schweißen auch optisch die schönsten Schweißnähte erzielt werden,
wird das Verfahren auch in der Möbelfertigung häu g eingesetzt.
Praxistipps:
Das WIG-Schweißen bringt die
höchste Schweißnahtqualität
hervor.
1. Alle Werksto e sollten vor dem Schweißen mit geeigneten
Lösungsmitteln entfettet werden.
2. Sauberkeit ist beim Verarbeiten das oberste Gebot. Dies gilt
für den Grundwerksto und für die Schweißzusätze.
11.1 WIG-Schweißen von unlegiertem und niedriglegiertem
Stahl
Unlegierter und niedriglegierter Stahl wird mit dem WIG-Verfahren geschweißt, weil es die Qualität der Schweißnaht und die Nahtoptik verbessert. Besonders wichtig ist beim WIG-Schweißen von Stahl die Ober ächenbescha enheit: Der Stahl muss eine sauberere und zunderfreie
Ober äche aufweisen, da es sonst zu einer Porenbildung kommt. Sandgestrahlte, gefräste oder geschli ene Stahl-Bauteile sind am besten geeignet.
Polarität:
Wie die meisten Metalle wird Stahl mit Gleichstrom geschweißt, die
Wolframelektrode ist dabei an den Minuspol angeschlossen.
Praxistipps!
Unlegierter und
niedriglegierter Stahl
muss eine saubere,
zunderfreie Ober äche haben.
Schutzgas:
Beim WIG-Schweißen von Stahl wird hauptsächlich Argon als Schutzgas
verwendet. Grundsätzlich können auch Argon-Helium-Gemische benutzt
werden, sie bieten jedoch keinen praktischen Vorteil.
Schweißzusatz:
Beim WIG-Schweißen von Stahl ist Artgleiches Schweißen wichtig. Das
bedeutet, der Schweißzusatz hat die selbe Zusammensetzung wie der
Grundwerksto , ist jedoch meist höher legiert.
Artgleiches
Schweißen
54Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 55
Praxistipps:
1. Bei Wurzelschweißungen sollte der Zunder auch von der
Innenseite des Rohrs bzw. von der Rückseite der Wurzel entfernt werden. Dann kann die Wurzel sauber aus ießen, eine
Porenbildung wird vermieden und die Silikatbildung auf der
Schweißnahtober äche wird gehemmt. Ein Formieren ist in
den meisten Fällen nicht zwingend notwendig.
2. Damit keine Endkraterporen oder Endkraterrisse entstehen,
sollte ein Down Slope von mindestens 1,5 Sekunden eingestellt sein. Außerdem ist es wichtig, durch eine Brennerbewegung beim Absenken den Lichtbogen zurück auf die Schweißnaht zu führen. Damit bekommt das Schmelzbad ausreichend
Zeit zum Entgasen, was die Endkraterfehler reduziert.
11.2 WIG-Schweißen von hochlegierten Stählen
Praxistipps!
Das WIG-Schweißen ist besonders vorteilhaft beim Schweißen von hochlegierten Stählen, denn die glatten Schweißnahtober ächen garantieren einen
hohen Korrosionsschutz.
Damit sich nach dem Schweißen wieder eine korrosionsschützende Passivschicht (CrO3) bilden kann, müssen Anlassfarben vollständig entfernt werden.
Dies kann durch Beizen, Magic Cleaner, mechanisches Bürsten oder durch
Polieren erreicht werden. Eine korrosionsschützende Passivschicht braucht ca.
72 Stunden, um sich völlig auszubilden.
Es gilt: Je glatter die Ober äche ist, desto besser wirkt der
Korrosionsschutz.
Polarität:
Wie die meisten Metalle wird hochlegierter Stahl mit Gleichstrom geschweißt,
die Wolframelektrode ist dabei an den Minuspol angeschlossen.
Schutzgas:
Beim WIG-Schweißen von hochlegiertem Stahl wird hauptsächlich Argon als
Schutzgas verwendet. Grundsätzlich können auch Argon-Helium-Gemische
benutzt werden, sie bieten jedoch keinen praktischen Vorteil.
Anlau arben von
hochlegierten Stählen
müssen entfernt
werden.
Je glatter die Ober äche, desto besser ist
der Korrosionsschutz.
Schweißzusatz:
Hochlegierte Stähle können mit Zusatzdraht und ohne Zusatzdraht (t < 2 mm)
geschweißt werden.
55Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 56
Die höchste Schweißnahtqualität wird beim WIG-Schweißen nur mit einem
Zusatzdraht erreicht, weil sich dann das Schweißgut mit dem etwas höher
legiertem Zusatzdraht vermischt und dadurch eine höhere Güte entsteht.
Formieren:
Beim Wurzelschweißen von Rohrschweißungen muss immer formiert werden,
weil sonst die Wurzelinnenseite verbrannt wird und die Korrosionseigenschaften vollständig verloren gehen.
Auch beim Schweißen von Füll- und Decklagen muss formiert werden, da ansonsten auf der Rückseite bzw. der Innenseite eine Oxidbildung hervorgerufen
wird.
Argon-Wasserstoffgemische (Ar+H2):
Argon-Wassersto gemische dürfen nur bei hochlegierten Stählen mit weniger
als 0,03 % Kohlensto (C) verwendet werden!
Praxistipps:
1. Der Lichtbogen wird kurz gehalten, um eine Oxidation der
Schweißnaht zu vermeiden und um die Wärmeeinbringung
gering zu halten. Denn je weniger Wärme eingebracht wird,
desto geringer ist der Verzug der Bauteile.
2. Für eine qualitativ hochwertige Schweißnaht ist es hilfreich,
die Bleche vermehrt zu heften und die richtige Schweißfolge
zu beachten.
3. Hochlegierte Stähle müssen getrennt gelagert und verarbeitet
werden.
4. Wenn Argon (Ar) als Formiergas verwendet wird, muss es
der Schweißstelle von unten zugeführt werden, damit die Luft
nach oben weggedrängt wird. Argon kann als Formiergas bei
jedem Werksto verwendet werden.
5. Sticksto (N2): Sticksto ist leichter als Luft. Damit die Luft
nach unten weggedrängt wird, muss Sticksto deshalb immer
von oben zugeführt werden.
Argon-Wassersto gemische dürfen nicht zum Formieren von stabilisierten
hochlegierten Stählen verwendet werden.
Bei Argon-Wassersto gemischen mit einem Wassersto anteil (H2) ab 10 %
müssen besondere Sicherheitsmaßnahmen getro en werden, da Brandgefahr
besteht!
Praxistipps!
Wichtige
Sicherheitshinweise!
56Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 57
11.3 WIG-Schweißen von Aluminium und Magnesium
Polarität:
Aluminium und Magnesium werden als einzige Werksto e mit Wechselstrom
WIG-geschweißt, um die Oxidschicht aufzubrechen, mit denen die Metalle
überzogen sind. Nur dann lässt sich der Grundwerksto aufschmelzen.
Ist die Elektrode auf dem Pluspol, ießen die Elektronen vom Werkstück zur
Wolframelektrode und brechen damit die Oxidschicht auf. Wenn die Wolframelektrode am Minuspol angeschlossen ist, wird die Elektrode weniger belastet und Einbrand generiert. Dieser Vorgang geschieht abhängig von der an der
Maschine voreingestellten Frequenz (40- 250 Hz).
Eine typisch eingestellte Wechselstrom-Frequenz für das WIG-Schweißen von
Aluminium und Magnesium ist 100 Hz.
In Ausnahmefällen kann Aluminium auf dem Minuspol mit Gleichstrom
verschweißt werden. Dann wird jedoch Helium als Schutzgas benötigt.
Praxistipps:
1. Wegen der Oxidbildung müssen die Fugen anken und der
Nahtbereich beim Aluminiumschweißen unmittelbar vor dem
Schweißen noch einmal mit einer nichtrostenden Drahtbürste
gereinigt werden.
2. Aluminium muss getrennt von anderen Werksto en gelagert
und verarbeitet werden.
3. Aufgrund der Oxidbildung sollte Aluminium nicht zu lange
gelagert werden.
Aluminium und
Magnesium werden
mit Wechselstrom
geschweißt.
Praxistipps!
4. Um eine Porenbildung zu vermeiden, sollten beim Schwei-
ßen von Aluminium als Schutzgas eventuell Helium oder
Argon-Helium-Gemische verwendet werden.
5. Beim WIG-Schweißen von Aluminium ist es empfehlenswert,
die Kanten der Bauteile anzuarbeiten und die Werkstücke bei
dickeren Wanddicken vorzuwärmen.
57Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 58
11.4 Verständnisfragen
Was bedeutet der Begri „Artgleiches Schweißen“?
Warum muss bei Chrom-Nickel-Rohren die Innenseite des Rohres formiert
werden?
Warum sollte beim Schweißen von Chrom-Nickel-Anwendungen der Licht-
bogen möglichst kurz gehalten werden?
Wodurch wird bei Aluminium die Oxidschicht aufgebrochen?
58Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 59
12. PROZESSVARIANTEN BEIM
WIG-SCHWEISSEN
12.1 Orbital-Schweißen
Die Orbitalschweißtechnik ist überall dort hilfreich, wo unter kontrollierten
Bedingungen gleichbleibende Nahtqualitäten erzielt werden müssen. Häu g
wird dabei auch die Vorgabe gemacht, die Schweißparameter der Anwendungen
unmittelbar zu dokumentieren. Die Haupteinsatzgebiete dieser Schweißtechnik
sind deshalb der Rohrleitungsbau, der Pipelinebau, die Nahrungsmittelindus
trie und die chemische Industrie.
Mit der Orbitaltechnik können nicht nur Rohr-Rohr-Verbindungen hergestellt,
sondern auch Rohre in Rohrbodenplatten eingeschweißt werden.
Der grundlegende Aufbau einer Orbital-Schweißeinrichtung umfasst ein feststehendes Rohr und einen beweglichen WIG-Schweißbrenner/-kopf, der sich
um das Rohr herumbewegt. Der bewegliche Orbitalschweißkopf wird auch
Schweißzange genannt.
Einsatzgebiete des
Orbitalschweißens
Schweißzange
Ein Orbitalsystem umfasst folgende Elemente:
Eine Stromquelle mit inkludierter Steuerung für den Prozes-
sablauf und für die Datendokumentation.
Unterschiedliche Schweißköpfe, abhängig von der Aufgaben-
stellung.
Drahtvorschubgeräte, die entweder am Schweißkopf ange-
bracht sind oder extern stehen.
Fernbedienung, Massekabel
Gasversorgung
Im Gehäuse der Stromquelle (Abbildungen 60 und 61) sind neben dem Leistungsteil auch die Steuerung für den Prozessablauf sowie die Wasserkühlung
eingebaut.
Bedient wird die Schweißstromquelle über einen Touch-Screen. Eine gra sche, farbige Prozessdarstellung stellt das schnelle Beherrschen der Arbeitsprozesse sicher.
Bestandteile eines Orbitalschweißsystems
59Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 60
Abb. 60: Orbitalstromquelle
mit integrierter Steuerung.
Abb. 61: Orbitalstromquelle Compact
mit Fernbedienung.
Oft sind Orbitalschweißstromquellen mit einer USB-Schnittstelle ausgestattet.
Diese Schnittstelle erleichtert die lückenlose Dokumentation der Daten. Gleichzeitig ist der USB-Anschluss hilfreich, um Programme aufzuspielen oder Backups von Programmen und Daten zu erstellen.
Die Schweißparameter, die von der Schweißnahtgeometrie, dem Grund- und
dem Zusatzwerksto abhängig sind, lassen sich bei Orbitalschweißanlagen frei
programmieren und als sogenannte „Jobs“ im Steuerungssystem hinterlegen.
Weil die Schweißparameter vor dem Schweißprozess programmiert werden
müssen, ist eine exakte Schweißnahtvorbereitung wichtig. Die Werkstücke
müssen außerdem genau und versatzfrei vorgerichtet werden, weil beispielsweise die Wurzelerfassung bei Rohrversatz nicht mehr manuell durch den
Schweißer ausgeglichen werden kann.
Beim Orbitalschweißen von dickwandigen Rohren ist häu g ein Zusatzdraht
erforderlich. Der dafür benötigte Drahtvorschub ist entweder am Orbitalschweißkopf integriert oder be ndet sich in einem externen Gerät. Geschweißt wird mit
einer Pulstechnik. Sie ermöglicht ein gezieltes Aufschmelzen und Erstarren des
Schmelzbades, was in jeder Schweißposition eine optimale Kontrolle über den
Erfolg des Schweißprozesses erlaubt. Die Bedienung der Anlage kann über die
Schweißstromquelle oder eine Fernbedienung erfolgen.
Programmierung der
Schweißparameter
Grundsätzlich unterscheidet man bei Orbitalschweißanlagen
zwei Varianten:
1. Orbitalschweißeinrichtungen mit geschlossenem Schweißkopf
2. Orbitalschweißeinrichtungen mit o enem Schweißkopf
12.1.1 Orbitalschweißeinrichtungen mit geschlossenem Schweißkopf
Bei Orbitalschweißeinrichtungen mit geschlossenen Schweißköpfen umfasst
der Orbitalschweißkopf das Rohr vollständig. Der Schweißkopf muss deshalb
auf den Rohrdurchmesser abgestimmt sein (Abbildung 62). Um den Schweißkopf herum be ndet sich eine Kammer, die vollständig mit Schutzgas gefüllt
ist. In dieser Kammer wird der Orbitalschweißkopf um das Rohr herumgeführt
(Abbildung 63).
Varianten von Orbitalschweißsystemen
60Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 61
Abb. 62: Geschlossener Schweißkopf mit Bedienelementen.
Abb. 63: Einsatz eines geschlossen
Schweißkopfes.
Die Abmessungen der Schweißzange ist vergleichsweise kompakt, deshalb
kann auch noch unter beengten Montageverhältnissen geschweißt werden.
Die Anwendung einer geschlossenen Schweißzange ist allerdings auf kleinere
Rohrdurchmesser von zurzeit etwa 76 mm beschränkt.
Weil geschlossene Orbitalschweißzangen das Rohr vollständig umschließen,
oxidiert die Rohrnaht auf ihrer Außenseite nicht und es entstehen keine Anlauffarben. Orbitalschweißanlagen mit geschlossenen Schweißköpfen eignen sich
besonders gut zum Verschweißen von nichtrostenden Stählen. Die Rohrinnenseite muss allerdings weiterhin durch Formieren vor einer Oxidation geschützt
werden.
Wegen ihrer geschlossenen Konstruktion (Kapselung) ist es bei
diesen Orbitalschweißeinrichtungen nicht möglich, Schweißzusatzwerksto e zuzuführen. Die zu verschweißenden Rohre werden deshalb stumpf (spalt- und versatzfrei) aneinandergefügt
(I-Fuge).
Orbitalschweißsysteme mit geschlossenem Kopf eignen sich
zum Schweißen in beengten
Verhältnissen.
Keine Schweißzusatzwerksto e bei
geschlossenen Orbitalschweißsystemen
12.1.2 Orbitalschweißeinrichtungen mit offenem Schweißkopf
Abb. 64: Einsatz eines o enen
Schweißkopfes.
Abb. 65: O ener Schweißkopf an einem
Chrom-Nickel-Rohr.
Bei Orbitalschweißeinrichtungen in o ener Ausführung umfasst die Schweißzange das Rohr nicht vollständig und es existiert keine abgeschlossene Schutzgaskammer.
Mit diesen Orbitalschweißanlagen lassen sich unterschiedliche Rohrgrößendurchmesser verschweißen, die in Intervallen variabel sind - von wenigen
Millimetern bis zu etwa 275 mm. Je größer der Rohrdurchmesser wird, desto
voluminöser und schwerer wird der Schweißkopf. Das Orbitalschweißen mit
o enem Kopf ist deshalb ab einem gewissen Rohrdurchmesser nicht mehr wirtschaftlich anwendbar.
Das Orbitalschweißen mit o enem Kopf ist ab einem Rohrdurchmesser von mehr als 275
mm nicht mehr wirtschaftlich.
61Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 62
Weil bei o en konstruierten Orbitalschweißanlagen die Schweißkammer nicht geschlossen ist, können Schweißzusatzwerksto e
zugeführt werden. Somit sind auch andere Nahtvorbereitungen
als die spaltfreie I-Fuge möglich. Im Allgemeinen wird die tulpenförmige U-Fuge bevorzugt.
Für größere Rohrdurchmesser, die insbesondere im Kessel- und Pipelinebau
erforderlich sind, kommen Schweißsysteme zum Einsatz, bei denen der Lichtbogen bzw. der Brennerkopf auf einer Schiene um das Rohr herumgeführt wird.
12.2 Kaltdraht-Schweißen
Eine Kaltdrahtzuführung erhöht die Produktivität. Zum einen wird die Schweißgeschwindigkeit schneller, zum anderen wird der Zusatzwerksto dem
Schmelzbad exakt und gleichmäßig zugeführt. Dadurch können auch weniger
geübte Schweißer hervorragende Schweißergebnisse erzielen.
Eine WIG-Kaltdrahtanlage umfasst folgende Komponenten
(Abbildung 66):
1. WIG-Stromquelle
2. Kaltdraht-Supply (Versorgung)
3. Kühlgerät
4. Fahrwagen
5. Kaltdraht-Vorschubgerät
6. Verbindungsschlauchpaket
7. WIG-Brenner mit Kaltdrahtzuführung
Komponenten einer
Kaltdrahtanlage
Abb. 66: Komponenten einer WIG-Kaltdrahtanlage.
Abb. 67: Brennerdetail eines
WIG-Kaltdrahtbrenners.
62Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 63
In der Regel wird beim WIG-Kaltdraht-Schweißen die Wolframelektrode am
Minuspol angeschlossen und das Werkstück am heißeren Pluspol.
Beim Kaltdrahtschweißen ist der Zusatzdraht praktisch unbegrenzt verfügbar.
Ein Nachgreifen oder das Wechseln eines Stabes ist nicht erforderlich, sodass
der Schweißvorgang ohne Unterbrechungen durchgeführt werden kann. Zusätzlich spart der per Spule bereitgestellte Zusatzwerksto Kosten.
Das Kaltdrahtschweißen eignet sich für Drähte aus unterschiedlichen Materialen mit einem Durchmesser bis maximal 1,6 mm. Am Gerätedisplay können
verschiedene Parameter wie der 2- oder 4-Takt-Betrieb, Intervall- und Pulsbetrieb und der Drahtrückzug eingestellt werden.
Wenn eine Schweißaufgabe für das Kaltdrahtschweißen geeignet ist, lässt sich
diese Prozessvariante sowohl beim mechanisierten als auch beim manuellen
WIG-Schweißen einsetzen.
12.3 Heißdraht-Schweißen
Das WIG-Heißdrahtschweißen (Abbildung 68) ist aus dem WIG-Kaltdrahtschweißen hervorgegangen. Beim WIG-Heißdrahtschweißen wird der Zusatzwerksto erhitzt. Dadurch ergeben sich verschiedene Vorteile:
Polarität
beim Kaltdrahtschweißen
Die Abschmelzmenge wird größer.
Die Abschmelzleistung wird größer.
Die Schweißgeschwindigkeit wird höher.
Die Aufmischung wird reduziert.
Das Heißdraht-Schweißen lässt sich in zwei Varianten unterteilen:
1. Verbindungsschweißen
2. Auftragsschweißen
Das Heißdraht-Schweißen lässt sich in allen
Schweißpositionen einsetzen. Genutzt wird
es vor allem beim Schweißen von Stelliten und
Nickelbasislegierungen, wo es auf eine sehr
gute Nahtqualität und eine hohe Wirtschaftlichkeit ankommt.
Vorteile des
Heißdrahtschweißens
Varianten des Heißdrahtschweißens
Abb. 68: Auftragsschweißen
an Rohraußenwänden.
63Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 64
Eine WIG-Heißdrahtanlage (Abbildung 69) umfasst folgende
Komponenten:
Systemsteuerung
Drahtvorschub
WIG-Stromquelle
Heißdraht-Stromquelle
Schutzgas
WIG-Brenner
Heißdrahtzuführung
Komponenten einer
Heißdrahtanlage
Systemsteuerung
Heißdrahtstromquelle
Stromquelle
Abb. 69: Aufbau einer WIG-Heißdrahtanlage.
Drahtvorschub
WIG-
Schutzgas
WIG-
Brenner
Heißdrahtzuführung
Beim Heißdraht-Schweißen wird der Grundwerksto durch einen Lichtbogen
aufgeschmolzen, der von einer Gleichstromquelle oder einer umschaltbaren
Gleich-/Wechselstromquelle erzeugt wird. Ein Drahtvorschubsystem fördert
kontinuierlich einen Zusatzdraht zum Schweißbad. Dieser Zusatzdraht wird von
einer separaten Stromquelle aufgeheizt. Die Hitze entsteht am freien Drahtende durch eine Widerstandserwärmung zwischen dem Kontaktrohr des Heißdrahtbrenners und dem Schmelzbad. Zum Aufheizen des Zusatzdrahtes kann
ebenfalls eine Gleichstromquelle oder eine umschaltbare Gleich-/Wechselstromquelle verwendet werden.
Aufbau einer Heißdrahtanlage
Die Konstruktion der Heißdrahtanlage verlängert das freie, stromdurch ossene Drahtende. An dieser verlängerten Drahtstrecke vergrößern sich der
elektrische Widerstand und die Temperatur, sodass sich die Abschmelzleistung erhöht. Die entstehende Wärmemenge verhält sich proportional zum Produkt aus dem Quadrat der Stromstärke und dem Widerstand
(l2 x R) proportional (Joulsche Erwärmung).
verbesserte
Abschmelzleistung
64Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 65
Abhängig von der Schweißaufgabe und den Bauteilerfordernissen kann der
Zusatzdraht von vorne, von der Seite oder auch von hinten in das Schmelzbad
eintauchen.
Damit das WIG-Heißdrahtschweißen zu den gewünschten Ergebnissen führt,
ist es wichtig, dass der Brenner und die Drahtzuführung korrekt eingestellt sind.
Dafür gibt es jedoch keine allgemeingültigen Regeln.
Wenn eine Schweißstromquelle für Gleichstrom beim Heißdraht-Schweißen verwendet wird, besteht die Gefahr, dass der
Lichtbogen entgegen der Schweißrichtung abgelenkt wird. Um
dies zu vermeiden, wird der Heißdraht am Minuspol und das
Werkstück am Pluspol angelegt. Die Heißdraht-Stromquelle
arbeitet mit einer Spannung von 1,5 bis 5 V, damit die Entstehung von Lichtbögen ausgeschlossen werden kann.
12.4 Speed-Cladding
Beim Heißdrahtschweißen mit
Gleichstrom wird der
Heißdraht am Minuspol angelegt.
Cladding ist ein Verfahren, bei dem Bauteile mit Speziallegierungen überzogen
werden, um die Lebensdauer der Bauteile deutlich zu verlängern. Das Überziehen wird durch mechanisiertes Auftragsschweißen erreicht.
Im Hinblick auf Qualität und Reproduzierbarkeit ist das WIG-Heißdraht-Schweißen das am besten geeignete Cladding-Verfahren. Allerdings können damit nur
geringe Schweißgeschwindigkeiten erzielt werden, was Engpässe im Produktionsablauf auslösen kann. Das Speed-Cladding macht den Beschichtungsprozess bis zu dreimal schneller und e zienter.
Es gilt:
Je geringer die Aufmischung, desto höher die Qualität der verwendeten Legierungen.
Das Speed Clad-Twin-Verfahren arbeitet mit zwei Wolframelektroden und zwei
vorgewärmten Schweißdrähten (Abbildungen 70 und 71). Die Ausrichtung der
Elektroden beein usst das Schweißergebnis. Je nachdem, ob die Position der
Elektroden senkrecht oder parallel zum Schweißbad ist, ändert sich das Resultat. Das Speed-Cladding wird für Innenplattierungen bis zu 160 mm Durchmesser und für Außenplattierungen ab einen Durchmesser von 100 mm eingesetzt.
verbesserte Lebensdauer
von Bauteilen
Aufmischung und
Legierung
65Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 66
Abb. 70: Speed-Cladding-Twin-Brenner.
Abb. 71: Außenplattierung
mit Speed-Clad Twin.
12.5 Beidseitig Gleichzeitig-Schweißen
Beim Verbinden von dicken Blechen muss man zunächst eine Wurzel schweißen, diese dann schleifen und anschließend gegenschweißen. Den dafür erforderlichen Zeitaufwand kann man reduzieren, indem man von beiden Seiten
gleichzeitig schweißt.
Beim Beidseitig Gleichzeitig-Schweißen be nden sich die Brenner stets gegenüber (Abbildung 72).
Das Beidseitig Gleichzeitig-Schweißen ist auch bei dünnwandigen ChromNickel-Schweißaufgaben vorteilhaft, weil es den Verzug vermindert und sogardas Formieren der Gegenseite vermeidbar macht.
Wird Aluminium beidseitig gleichzeitig mit Wechselstrom geschweißt, müssen beide Lichtbögen synchronisiert werden. (Abbildung 73). MagicWave-Stromquellen haben dafür die Funktion „Sync-Mode“, die beide Lichtbögen harmonisiert. Diese
Synchronisation erfolgt durch eine Anpassung der Halbwellen
und des Nulldurchgangs.
Lichtbogensynchronisation beim Aluminiumschweißen
66Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 67
Abb. 73: Lichtbögen-Synchronisation.
12.6 ArcTig-Schweißen
Das ArcTig-Verfahren ist eine WIG-Prozessvariante für das mechanisierte
Verbindungsschweißen. Das ArcTig-Schweißen garantiert eine hervorragende
Nahtoptik, ein sicheres Durschweißen der Wurzel und eine optimale Schweißqualität. Durch eine erhöhte Schweißgeschwindigkeit und einen reduzierten
Aufwand für die Schweißnahtvorbereitung verbessert das ArcTig-Schweißen
außerdem die Wirtschaftlichkeit des gesamten Schweißprozesses.
Ein weiterer Vorteil des ArcTig-Schweißens ist die reduzierte Wärmeinbringung. Sie
wird durch eine stärkere Fokussierung des Lichtbogens erreicht: In Verbindung mit
einem Rückkühler wird die Elektrode sehr gut gekühlt. Neben der erhöhten Kühlleistung kann auch die Temperatur stabil gehalten werden, sodass der Lichtbogen stark
fokussiert wird und sich die Schweißeigenschaften verbessern.
12.6.1 Das Prinzip von ArcTig
Das Kernelement des ArcTig-Prozesses ist ein Brenner (Bild 74) mit einem
speziellen Elektrodenspannsystem. Ein Mechanismus spannt die Elektrode
sehr groß ächig mit nur einem Spannelement. Damit lassen sich Elektroden
mit einer Mindestlänge von 20 mm schnell einsetzen und wechseln.
verbesserte Wirtschaftlichkeit
Abb. 74: Brenneraufbau beim
ArcTIG-Schweißen.
Außerdem ermöglicht das Spannsystem, das Elektrodenende frei einzustellen. Damit lässt sich die
Charakteristik des Lichtbogens verändern, sodass
zum Beispiel eine bessere Zugänglichkeit erreicht
werden kann.
Beim ArcTig-Schweißen liegen die Toleranzen
für die Anarbeitung bei +/- 10 % der Materialstärke.
Funktionsweise eines ArcTig-Brenners
67Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 68
Beim herkömmlichen WIG-Verfahren wird die ungekühlte Wolframelektrode
erhitzt. Dadurch entsteht ein Elektronen uss, der den Lichtbogentransfer unterstützt. Allerdings wird dabei auch der Widerstand gesenkt, sodass ein weicher,
breiter Lichtbogen entsteht (Abbildung 75).
Beim ArcTig-Schweißen zwingt die gekühlte Wolframelektrode die Elektronen
dazu, an der Elektrodenspitze auszutreten. Das verursacht einen höheren
Gesamtwiderstand. Die Elektronenemission erfolgt deshalb auf einer kleinen
Stelle und erhöht somit die Elektronendichte. Das Ergebnis ist ein schmaler,
fokussierter Lichtbogen. (Abbildung 76).
fokussierter, schmaler
Lichtbogen
Abb. 75: Elektronen uss beim
WIG-Prozess.
Abb. 76: Elektronen uss beim
ArcTIG-Prozess.
Das intelligent geregelte Kühlsystem des ArcTig-Prozesses verhindert, dass
die Wolframelektrode ausglüht. Dadurch erhöht sich die Standzeit und die
Zündeigenschaften werden besser.
Das ArcTig-Schweißen eignet sich für folgende Materialstärken:
Edelstahl: 3 mm-10 mm ohne Anarbeitung
Unlegierter Stahl: 3 mm-8 mm ohne Anarbeitung
Titan: 3 mm-10 mm ohne Anarbeitung
Materialstärken beim
ArcTig-Schweißen
68Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 69
Einsatzgebiete des ArcTig-Schweißens:
Längs- und Rundnähte
Stumpfnähte und Überlappnähte
Verbindungsschweißungen mit 100%-iger Wurzelerfassung
Materialien wie Chrom-Nickel, NiBas, Titan, Duplex, Stahl bei
WIG-Schweißungen mit Gleichstrom
12.6.2 ArcTig-Schweißbrenner
Der ArcTig-Schweißbrenner besitzt neben den sehr guten Kühleigenschaften der Wolframelektrode auch eine wassergekühlte Gasdüse. Wenn Wasserschläuche direkt von der Gasdüse zum Rückkühler extern verlegt werden,
sorgt dies für einen optimalen Durch uss.
Abb. 77: Komponeten des ArcTIG-Brenners.
Einsatzfelder des ArcTIG-Schweißens
12.7 Verständnisfragen
Aus welchen Komponenten besteht ein Orbitalsystem?
Welche Vorteile bietet die WIG-Kaltdrahtschweißung?
Welche Polarität hat der Zusatzwerksto beim WIG-Heißdrahtschweißen?
Für welche Anwendungen eignet sich die Speed-Cladding-Prozessvarian-
te?
Warum ist beim ArcTig-Prozess die Wolframelektrode wassergekühlt?
69Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 70
13. FEHLER BEIM WIG-SCHWEISSEN
Auch bei guter Vorbereitung und einer optimalen Elektrodenführung kann es
passieren, dass beim Wolfram-Inertgasschweißen Fehler auftreten. Im Fachjargon spricht man auch von Unregelmäßigkeiten oder Diskontinuitäten.
Folgende Unregelmäßigkeiten lassen sich beim WIG-Schweißen
durch fachliches Können ausgleichen:
Poren
Wolframeinschlüsse
Bindefehler
Oxideinschlüsse
13.1 Poren
Diskonuitäten
Eine Porenbildung entsteht durch Gasbläschen, die beim Erstarren des
Schweißgutes eingeschlossen werden. Wenn Spalten zwischen den zu verbindenden Blechen entstehen, zum Beispiel bei Kehlnähten oder Überlappnähten,
spricht man von einer mechanischen Porenbildung.
Beim Schweißen von Aluminium ist es vor allem der Wassersto , der Poren
verursacht. Dabei handelt es sich um eine metallurgische Porenbildung. Die
Quelle für den Wassersto sind meist Oxydhäute auf dem Grund- und auf dem
Zusatzwerksto .
Auch undichte, wassergekühlte Schweißbrenner sind oft eine Ursache für die
Porenbildung.
Eine Porenbildung kann auch bei unlegierten Rohrstählen oder Tiefziehstählen
vorkommen. Die Poren treten auf, wenn Sauersto aus der Atmosphäre aufgenommen wird und dadurch im Schweißgut Kohlenmonoxid entsteht.
Um eine Porenbildung zu vermeiden, sollte der Zusatzwerksto nicht zu lange
gelagert werden und beim Schweißvorgang nicht aus dem Schutzgasmantel
herausgezogen werden. Auf dem Grundwerksto sollten die Oxidhäute entfernt
und während des Schweißvorgangs auf Sauberkeit geachtet werden.
Porenbildung
70Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 71
Praxistipps:
1. In der Praxis hat es sich bewährt, die Oxidschichten etwa zwei
Stunden vor dem Schweißprozess gründlich zu beseitigen. In
der Zeit zwischen der Vorbereitung der Werkstückober ächen
und dem Schweißen bildet sich danach eine hauchdünne
Oxidhaut, die für einen stabilen Lichtbogen sorgt, ohne eine
Porenbildung zu begünstigen.
2. Um eine Porenbildung bei unlegierten Rohstählen oder
Tiefziehstählen zu vermeiden, sollte ein Schweißzusatz mit
erhöhten Siliziumgehalt (z.B. G4Si 1) großzügig eingebracht
werden, weil dieser Schweißzusatz den Sauersto bindet.
13.2 Wolframeinschlüsse
Häu g auftretende Fehler beim WIG-Schweißen sind Wolframeinschlüsse.
Sie entstehen, wenn die Wolframelektrode mit dem Schmelzbad in Berührung
kommt und au egiert.
Wenn die Wolframeinschlüsse sehr klein sind und in großen Abständen voneinander auftreten, stellen sie keine Gefahr für die Qualität der Schweißverbindung dar. Größere Einschlüsse oder Nester von Wolframeinschlüssen müssen
hingegen durch Ausschleifen und Nachschweißen beseitigt werden, weil diese
harten Partikel einen Fremdkörper in der Verbindung darstellen und die Qualität verringern.
Praxistipps!
Wolframeinschlüsse
Wolframeinschlüsse sind auf Röntgenaufnahmen als weiße Flecken erkennbar, weil Wolfram die Röntgenstrahlen stärker absorbiert als Stahl und der Film
an dieser Stelle weniger geschwärzt erscheint.
13.3 Bindefehler
Wenn Bindefehler auftreten, sind das Schweißgut und der Grundwerksto nicht
korrekt miteinander verbunden. Dafür kann es mehrere Ursachen geben:
Der Steg wurde unvollständig aufgeschmolzen.
Die Einbrandtiefe des Lichtbogens wurde überschätzt.
Der Lichtbogen wurde nicht exakt in der Fuge geführt.
Die Wolframelektrode war zu stumpf angeschli en.
Die Wolframelektrode ist zu sehr abgenutzt.
Das Schmelzbad ist vorgelaufen, weil zu langsam geschweißt wurde.
Flankenbindefehler und Lagenbindefehler sind eher selten.
Bindefehler
71Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 72
13.4 Oxideinschlüsse
Oxideinschlüsse entstehen bei WIG-Schweißnähten meist durch die Oxidation des
Tropfens an der Zusatzstabspitze. Die Einschlüsse treten hauptsächlich in Nähten
aus Aluminium auf, weil dessen Oxid schwerer ist als das Metall. Deshalb kann das
Oxyd im Schmelzbad nicht aufsteigen und friert ein.
Praxistipp:
Während des Schweißens sollten die Schweißzusätze grundsätzlich nicht aus der Schutzgasglocke herausbewegt werden,
denn damit vermeidet man die Oxidation der üssigen Spitze
des Zusatzes. Damit die Schweißzusätze innerhalb der Schutzgasglocke bleiben, muss die tupfende Bewegung des Stabes gut
kontrolliert werden.
13.5 Verständnisfragen
Oxideinschlüsse
Praxistipp!
Was sind die Ursachen von Porosität bei der WIG-Aluminiumschweißung?
Wie erkennt man Wolframeinschlüsse auf einem Röntgen lm?
Welche Ursachen führen beim WIG-Verfahren zu Bindefehlern?
Welche Ursachen führen beim WIG-Verfahren zu Oxideinschlüssen?
72Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 73
14. AUSRÜSTUNG EINES SICHEREN
ARBEITSPLATZES ZUM
WIG-SCHWEISSEN
14.1 Arbeitssicherheit
Die Arbeitssicherheit für den Schweißer spielt während des gesamten Schweißprozesses eine besonders wichtige Rolle. Dabei sind die Schweißnahtvor- und
-nachbereitung ausdrücklich mit eingeschlossen.
Um dem Schweißer eine bestmögliche Sicherheit zu garantieren, sind bei der
Ausstattung eines Arbeitsplatzes zum Wolfram-Inertgasschweißen verschiedene Schutzmaßnahmen zu berücksichtigen.
Zu einem sicher ausgestatteten Arbeitsplatz zum WIGSchweißen gehören:
eine örtliche Entlüftung oder eine Gesamtraumentlüftung
Arbeitsschutzkleidung
Schutzhandschuhe
14.2 Verständnisfragen
Was sind die wichtigsten Schutzmaßnahmen für einen sicheren Schweiß-
platz beim WIG-Schweißen?
Sicherheitsmaßnahmen am Schweißarbeitsplatz
73Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 74
15. UNFALLVERHÜTUNG UND
GESUNDHEITSSCHUTZ
Beim WIG-Schweißen gibt es verschiedene Faktoren, von denen eine mögliche Gefährdung ausgehen kann:
Lichtbogenstrahlung
Elektrischer Strom
Schutzgase, Dämpfe und Schadsto e.
Vor diesen Gefahren muss sich der Schweißer durch entsprechende Kleidung und Vorkehrungen schützen.
15.1 Gefahren durch Lichtbogenstrahlung
Der elektrische Lichtbogen sendet verschiedene Strahlen aus, die sowohl
sichtbar als auch unsichtbar sind. Wie stark diese Strahlen sind, hängt von der
Art des Schweißverfahrens und der gewählten Sschweißstromstärke ab.
Gefährdungen beim
WIG-Schweißen
Der elektrische Lichtbogen sendet folgende Strahlenarten aus:
sichtbare Strahlen, unsichtbare infrarote Strahlen oder Wärmestrahlen und ebenfalls unsichtbare ultraviolette Strahlen.
Der elektrische Lichtbogen sendet beim WIG-Schweißen aber
keine röntgenähnlichen Strahlen aus.
Sichtbare Lichtstrahlen
Gefährdungspotenzial:
Bei fehlendem oder zu geringem Schutz verursachen sichtbare Lichtstrahlen
eine störende Blendung der Augen. Wenn sichtbare Lichtstrahlen wiederholt,
häu g und dauerhaft auf die Augen tre en, kann dies die Sehfähigkeit – vor
allem in der Dämmerung – langfristig beeinträchtigen.
Schutzmaßnahmen:
Um sich vor den sichtbaren Strahlen zu schützen, verwendet man Schweißschirme oder Kopfhelme mit genormten und geeignet dunkel getönten Schutzgläsern (Schweißerschutz lter).
Strahlenarten des
Lichtbogens
sichtbare Lichtstrahlen
74Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 75
Infrarote Strahlen oder Wärmestrahlen
Gefährdungspotenzial:
Die Infrarotstrahlung kann Verbrennungen hervorrufen. Die unsichtbaren infraroten oder Wärmestrahlen erwärmen vor allem die Köperstellen, die sich
in unmittelbarer Nähe der zur schweißenden Stelle be nden, also vor allem
die Hände und den Oberköprer. Auch bei den Augen besteht ein Unfallrisiko.
Denn wenn diese unsichtbaren Strahlen dauerhaft auf unzureichend oder nicht
geschützte Augen tre en, kann dies zu einer Trübung der Augenlinse (Wärmestar) führen.
Schutzmaßnahmen:
Zum Schutz gegen die Wärmewirkung der Strahlen trägt der Schweißer eine
wärmeresistente Schutzkleidung (Abbildung 78) und spezielle Schweißerhandschuhe. Handschuhe mit Stulpen und aus feinem Leder erlauben eine
hohe Fingerfertigkeit beim WIG-Schweißen (Abbildung 79). Die Augen werden
gegen infrarote Strahlen oder Wärmestrahlen mit genormten Schutzgläsern
geschützt. (Abbildung 80).
infrarote Strahlen und
Wärmestrahlen
Abb. 78: genormte Schutzkleidung
Abb. 79: WIG Handschuhe
Abb. 80: Kopfschirm mit integrierter Fremdbelüftung
Ultraviolette Strahlen
Gefährdungspotenzial:
Ultraviolette Strahlen (UV-Strahlen) sind ebenfalls unsichtbar. Innerhalb kürzester Zeit können diese Strahlen zu einem „Verblitzen“ des Auges führen.
Auch Verbrennungen an ungeschützten Körperteilen sind bei UV-Strahlung
bereits nach kurzer Zeit möglich.
Schutzmaßnahmen:
Eine wärmeresistente Schutzkleidung, bestehend aus Arbeitsschutzanzug und
Handschuhen, beugt Verbrennungen vor. Genormte Schutzgläser schützen die
Augen vor einer möglichen Verblitzung. Die Augen werden durch selbst abdunkelnde Schutzhelme mit Schutzgläser nach DIN 4647 geschützt. Sie sind je
nach Lichtdurchlässigkeit in Schutzstufen eingeteilt. Für das WIG-Schweißen
werden Schutzstufen über 9 empfohlen (Abbildung 80). Ist es beim Schweißen
wegen mangelnder Schutzmaßnahmen zum Verblitzen der Augen gekommen,
hilft es, kalte Umschläge aufzulegen und, nach Rücksprache mit dem Arzt, Augentropfen zu verwenden.
ultraviolette Strahlen
75Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 76
15.2 Gefahren durch elektrischen Strom
15.2.1 Leerlaufspannung
Die höchste elektrische Gefährdung geht von der Leerlaufspannung UL aus.
Wenn kein Lichtbogen gezündet, ist dies die höchste Spannung, welche an
der Stromquelle bei der Buchse anliegt. Die Leerlaufspannung kann lebensgefährlich sein, wenn der Schweißer die Buchse mit den blanken Händen berührt. Noch gefährlicher wird die Leerlaufspannung, wenn die Haut feucht ist,
denn Feuchtigkeit leitet den Strom. Ein wirksamer Schutz vor der bestehenden
Leerlaufspannung ist die Isolierung durch Schuhe, Arbeitskleidung und Lederhandschuhe.
Nach dem Zünden des Lichtbogens ist die Spannung geringer und erzeugt
eine Schweißspannung von ca. 10- 20V. Nach der Norm UVV VBG 15 dürfen
Stromquellen für Gleichstrom im normalen Betrieb einen Scheitelwert der Leerlaufspannung von max. 113 V haben. Bei Wechselstromanlagen beträgt der
Scheitelwert auch 113 V jedoch ist der E ektivwert max. 80 V.
Gefahren durch
Leerlaufspannung
BETRIEBSBEDINGUNGEN
Erhöhte elektrische Gefährdung
Ohne erhöhte elektrische Gefährdung
Maschinell geführte Lichtbogenbrenner mit
erhöhtem Schutz für den Schweißer
Tab. 5: Gefahren durch Strom.
BEMESSUNGSWERT DER
LEERLAUFSPANNUNG
Gleichstrom 113 Volt Scheitelwert
Wechselstrom 68 Volt Scheitelwert
und 48 Volt E ektivwert
Gleichstrom 113 Volt Scheitelwert
Wechselstrom 113 Volt Scheitelwert
und 80 Volt E ektivwert
Gleichstrom 141 Volt Scheitelwert
Wechselstrom 141 Volt Scheitelwert
und 100 Volt E ektivwert
Beim Schweißen in engen Räumen besteht eine erhöhte elektrische Gefährdung. Hier gilt bei Wechselstrom ein Scheitelwert von 68 V und ein E ektivwert
von 48 V. Am Gerät muss das Kennzeichen S angebracht sein:
Diese Kennzeichnung ist die notwendige Voraussetzung des
Schweißgerätes um ein Schweißen unter erhöhter elektrischer Gefährdung durchführen zu können.
Das CE-Zeichen zeigt, dass dieses Produkt gemäß dem technischen
Standard produziert und geprüft wurde.
Wegen der elektrischen Leitfähigkeit von Nässe und Feuchtigkeit darf man sich NIE mit feuchter, durchgeschwitzter oder
durchnässter Arbeitskleidung direkt auf das Werkstück setzen
oder legen!
Wichtiger
Sicherheitshinweis!
76Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 77
15.2.2 Schutzmaßnahmen für den Umgang mit elektrischem Strom
Um sich vor den Gefahren des elektrischen Stroms beim WIG-Schweißen zu
schützen, sollten Sie unbedingt folgende Sicherheitsmaßnahmen beachten:
Fassen Sie die Wolframelektrode und den Brenner nur mit Lederhandschu-
hen an.
Schweißen Sie nie mit nacktem Oberkörper, auch wenn es sehr warm ist.
Klemmen Sie den Schweißbrenner nie unter die Achselhöhle.
Tragen Sie keine Schuhe mit benagelten Sohlen.
Setzen oder legen Sie sich nie ohne eine Unterlage aus Holz oder Filzmatten
auf Metall.
Lehnen Sie sich in Behältern und engen Räumen nicht ohne eine Zwischen-
lage aus Holz oder Filz an die Metallwände an.
Verwenden Sie keine schadhaften Kabel.
Schweißen Sie in Behältern, großen Gehäusen, Kastenträgern usw. nie
mit üblichen Transformatoren und verwenden Sie an diesen Orten keine
üblichen Handlampen mit Netzspannung, sondern nur solche mit höchstens
42 V.
15.3 Gefahren durch Schadstoffe und Dämpfe
Im Vergleich zu anderen Lichtbogenverfahren erzeugt das WIG-Schweißen
relativ wenig Rauch, Dämpfe und Lärm. Dennoch besteht Gefährdungspotenzial. Stationäre oder mobile Absauganlagen (Abbildung 81) sind deshalb fester
Bestandteil des Gesundheitschutzes.
Absauganlagen schützen unter anderem vor
diesen Gefahren:
Sicherheitsmaßnahmen beim
WIG-Schweißen
Ein gasförmiger Schadsto des WIG-Schwei-
ßens ist Ozon, das durch die UV-Strahlung
beim Abschmelzen von Aluminiumzusatzwerksto en entsteht.
Das Schutzgas Argon ist schwerer als Luft.
Es verdrängt deshalb in Vertiefungen den
Luftsauersto , sodass Erstickungsgefahr für
den Schweißer besteht.
Da Thoriumoxid eine schwache Radioakti-
vität aufweist, muss der Schleifstaub beim
Schleifen von thoriumlegierten Wolframelektroden unbedingt abgesaugt werden.
Beim Schweißen von legierten Stählen mit
Chrom und Nickel sowie verzinkten Werksto en entstehen ebenfalls gesundheitsgefährdende Schadsto e, die abgesaugt werden müssen.
Abb. 81: Eine mobile Absauganlage.
Gefährdung besteht außerdem beim Umgang mit wassersto haltigen Schutzoder Formiergasen, denn sie können bei höherem Wassersto gehalt zündfähige Gemische bilden.
Gefahren von wassersto haltigen
Schutz- und Formiergasen
77Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
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15.4 Verständnisfragen
Welche Arten von Strahlung entstehen bei der WIG-Schweißung?
Wie hoch darf bei Gleichstrom im normalen Betrieb der Scheitelwert der
Leerlaufspannung sein?
Warum kann das ungiftige Argon bei der WIG-Schweißung gefährlich sein?
Was kann sich bei Formiergasen mit höherem Wassersto gehalt bilden?
78Trainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
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GLOSSAR
Abschmelzleistung
Die Abschmelzleistung gibt an, wie viel Zusatzwerksto pro Zeiteinheit abschmilzt.
Anlassfarben
Anlassfarben nennt man ober ächliche, bunte Färbungen auf Metallen, die
meist durch Oxidation entstehen.
Artgleiches Schweißen
Beim artgleichen Schweißen haben Grundwerksto und Zusatzwerksto die
gleiche Zusammensetzung. Deshalb verhält sich auch die Schweißung ähnlich
wie der Grundwerksto .
Aufmischung
Die Aufmischung bezeichnet das Verhältnis zwischen dem Schweißgut und
dem aufgeschmolzenen Grundwerksto .
Balance
Die Balance ist ein Parameter beim Aluminiumschweißen. Die Balance beein usst die benötigte Reinigungswirkung bzw. das Einbrandpro l der Schweißung.
A
B
Bindefehler
Bei Bindefehlern entsteht keine korrekte Verbindung zwischen dem Schweißgut und dem Grundwerksto .
Drahtrückzug
Nach dem Beenden des Schweißvorgangs wird mit dem Drahtrückzug der
stromlose Zusatzwerksto aus dem üssigen Schmelzbad zurückgezogen.
Einbrand
Als Einbrand wird die Tiefe der Zone des verschmelzenden Zusatzwerksto es
mit dem Grundwerksto bezeichnet.
Endkraterriss
Endkraterrisse treten auf, wenn am Ende des Schweißens der Krater nicht
aufgefüllt wird, bevor der Lichtbogen erlischt.
Entgasen
Das Entgasen bezeichnet den Austritt von Gasen aus üssigen oder festem
Material während des Schweißvorgangs
Fokussierter Lichtbogen
Ein Lichtbogen mit einem hohen Lichtbogendruck wird fokussierter Lichtbogen
genannt.
D
E
F
ITrainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
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GLOSSAR
Formieren
Das Formieren bezeichnet eine Methode beim WIG-Schweißen, um den von
der Wolframelektrode abgewandten Teil der Schweißnaht vor Oxidation und
einem Verzundern zu schützen.
Fugenfl anken
Fugen anken sind Abschrägen der Bleche, um eine vollkommene Durchschweißung zu gewährleisten.
Gasvorströmung
Die Gasvorströmung beschreibt die Zeitdauer, um den Lichtbogen beim Zünden von der Umgebungsluft zu schützen.
Heften
Als „Heften“ bezeichnet man das Verbinden der Bauteile vor dem eigentlichen
Schweißvorgang.
Inertes Gas
Inerte Gase sind Argon, Helium und deren Gemische.
Intervallbetrieb
Der Intervallbetrieb ist ein unterbrochener Schweißbetrieb, um weniger Wärme
in das Werkstück einzubringen.
Kalotte
Eine Kalotte ist eine spezielle Form der Kuppel einer Wolframelektrode. Kalotten werden wegen der Strombelastung beim WIG-Schweißen von Aluminium
genutzt.
Legierungsabbrand
Chemische Reaktionen im Lichtbogen beein ussen den tatsächlichen Legierungsgehalt eines Schweißgut. Durch einen Legierungsabbrand entstehen Unterschiede
in den Legierungsgehalten der Elektrode und des abgeschmolzenen Schweißgutes.
G
I
K
L
Lichtbogenkennlinie
Die Lichtbogenkennlinie gibt das Verhältnis von Lichtbogenspannung zu Lichtbogenstrom an.
Orbitalschweißen
Das Orbitalschweißen ist ein vollmechanisches WIG-Verfahren, bei dem der
Lichtbogen maschinell und ohne Unterbrechung 360 ° um Rohre oder andere
Rundkörper herumgeführt wird.
O
IITrainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
Page 81
GLOSSAR
Oxidbildung
Die Oxidbildung beschreibt das Phänomen, wenn durch Reaktionen im
Schmelzbad an der Schweißnahtober äche Oxide entstehen.
Porenbildung
Die Porenbildung ist ein Schweißfehler, der durch Verunreinigung oder Gasmangel verursacht wird.
Reinigungswirkung
Die Reinigungswirkung meint das Zerstören der Aluminiumoxydschicht durch
die Plus-Polung der Wolframelektrode.
Röntgenfi lm
Der Röntgen lm ist ein Hilfsmittel der zerstörungsfreien Prüfung, um in der
Schweißnaht Schweißfehler festzustellen.
RPI-Zündung
Eine RPI-Zündung ist die kurze Umpolung der Wolframelektrode auf den Pluspol, um eine bessere Zündung zu erzielen.
Schweißfolge
Die Schweißfolge bestimmt die Reihenfolge, nach der die Schweißnähte einer Konstruktion erstellt werden. Üblicherweise ist die Schweißfolge in einem
Schweißfolge-Plan festgelegt.
P
R
S
Stromquellenkennlinie
Die Stromquellenkennlinie ist der genormte Wert einer Spannung, die für ein
bestimmtes Schweißverfahren benötigt wird.
TAC
Beim Heften mit TAC versetzt ein gepulster Lichtbogen das üssige Schweißbad in Bewegung. Dies führt zu einem beschleunigten Zusammen ießen und
somit zu einem kürzeren Heftprozess.
Unterpulverschweißen
Beim Unterpulverschweißen wird der Schweißprozess von einer Schicht aus
grobkörnigem, mineralischen Schweißpulver bedeckt. Dieses schmilzt durch
die vom Lichtbogen emittierte Wärme und bildet eine üssige Schlacke.
Vorwärmen
Das Vorwärmen ist eine Vorgehensweise, bei der Bauteile erwärmt und
anschließend auf einer bestimmten Temperatur gehalten werden, um die
Abkühlgeschwindigkeit beim Schweißen zu beein ussen.
T
U
V
IIITrainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
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GLOSSAR
Wärmeeinbringung
Als Wärmeeinbringung bezeichnet man die Energie, die während des Schweißens in den Schweißbereich eingebracht wird.
Wärmeleitfähigkeit
Die Wärmeleitfähigkeit ist eine Eigenschaft, die beschreibt, wie gut ein Material
den elektrischen Strom leitet.
Wolframeinschlüsse
Beim Berühren des Schmelzbades mit der Wolframelektrode können Partikel
der Wolframelektrode in die Schmelze gelangen und dadurch Schweißfehler
verursachen.
Wolframelektrode
Die Wolframelektrode ist eine nicht abschmelzende Schweißelektrode für das
WIG-Schweißen.
Wurzellage
Die Wurzellage ist die erste Raupe, die bei einer Mehrlagenschweißung in die
Schweißfuge eingebracht wird.
W
IVTrainingsunterlage „Wolfram-Inertgasschweißen“
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